Mittwoch, 21. Juli 2010

Unverstanden

Ich lerne jeden Tag Japanisch.
Und ich habe ein System - ich habe mein Gehirn, die Merk-Leistung und die Vergessensrate genau analysiert und den Lernplan getuned - mit Erfolg! Der Vokabeldurchsatz ist gewaltig, die Zeichenbibliothek nimmt neue Symbole oft schon beim ersten Versuch auf, und grammatikalische Regeln werden nicht mehr vergessen.

Und dennoch: ich verstehe hier keine Menschenseele.
Sobald Japaner zu sprechen beginnen scheinen sie eine komplett andere Sprache zu sprechen.

Hier die 5 Gründe, gereiht nach Größe des Problems:

A: die falschen Wörter:
Mein Lehrbuch lehrt nicht die Wörter die Japaner wirklich verwenden - nicht die Alltags-Wörter.
Es lehrt die Wörter für Premierminister und Präsident, Politik und Wirtschaft, für Amt und Botschaft, für Dienstreise und Angeln - aber nicht für Seife. Diese bittere Erkenntnis musste ich machen, als ich irgendwo zwischen Lektion 28 und 30 mal im Supermarkt verloren war, und die Verkäuferin mir auch auf die Frage, wo denn der Premierminister zu finden sei, nicht die Abteilung für Seife zeigen wollte.
Scheinbar ist das Buch eher für Geschäftsleute, deren Reichtum so sehr stinkt, dass sie keiner Seife mehr bedürfen, wenn sie auf Dienstreisen geflissentlich über Politik und den Angelsport diskutieren.

B: die falsche Form:
Mein Lehrbuch - und fast alle Ressourcen, die ich so finden konnte, versteifen sich auf eine ganz spezielle Höflichkeitsform - die KEINER verwendet. Bekannte reden ganz normal Umgangssprachlich, Verkäufer reden übertrieben höflich.
Für "etw. tun,machen" sagen die Japaner "suru", die Verkäufer ehrfürchtig "itashimasu", mein Lehrbuch lehrt: "shimasu".
Zwar sind die Regeln um die Form zu wechseln sehr einfach und einheitlich (es gibt kaum Ausnahmen und Sonderregeln im Japanischen), aber in Gespräch jede Laut-Folge durch die verschiedenen Formen zu konjugieren in der Hoffnung, dass irgendetwas davon Sinn ergibt, klappt nicht mal bei übertrieben langsamem Sprechen (an einer DVD getestet: selbst halbe Geschwindigkeit sind noch zu schnell).
Außerdem gucken mich die Leute komisch an, wenn ich diese Höflichkeitsform verwende.
"Nihongo-o hanasukoto ga dekimasu" - "Ich bin des Spechens der Japanischen Sprache mächtig."
"Wakarenai" - "Verstehn' tu' ich's net!"

C: Zu dicht:
Das Japanische ist reich an Homophonen - also verschiedene Wörter die genau gleich oder sehr ähnlich ausgesprochen werden. Das stört beim sprechen nicht - beim verstehen muss man aber intuitiv wissen, WELCHES Wort jetzt gemeint ist.
Mein Liebling ist: "kaeru". Das kann "Frosch" heißen. Oder "heimgehen". Oder "verändern". Oder "auswechseln". Oder "kaufen können". Oder “unterstützen/unterhalten können". Liste unvollständig.
Das trifft sich besonders gut, mit der Sprechgewohnheit der Japaner, alles wegzulassen, was sie als offensichtlich empfinden - also den ganzen Kontext.
Sie werden also im Supermarkt gefragt, ob sie gerade kaeru? Wie antworten sie?
"Nein, ich bleibe noch"
"Ja, ich habe genug Geld dabei."
"Quak?"

D: Zu schnell:
Japaner sprechen gerne schnell. Vor allem werden sie während dem Sprechen immer schneller. Das ist im Japanischen deshalb fatal, weil 90% der kritischen Information immer am Satz-Ende kommen. Während Europäische Sprachen gerne Informationen voranstellen, hängen sie die Japaner hinten an.
Gerade am Satzende werden sie aber nochmal schneller - und hören da auch nicht auf: hätte man Zeit den Satz zu reflektieren, würde man vielleicht noch etwas verwertbares finden, aber es kommt ja gleich der nächste Satz nachgeschoben, und schiebt die halb-garen Erkenntnisse gleich wieder aus dem Gehirn.

E: Dialekt:
Da ich in der Kansai-Region wohne, sprechen die Leute zu allem Überfluss auch noch Dialekt. Das reicht von kaum hörbaren Feinheiten in der Intonation über Laut-Färbungen und Kürzungen bis hin zum ersetzen ganzer Wörter. Beispiele gefällig?
"So yan" statt "So desu" für Zustimmung
"Ja hen" statt "Ja nai" für nicht-Zustimmen
"Honma?" statt "Honto?" für "ach, echt?"
"Aho" statt "Baka" für "Depp".

Hier also der lange Weg, des japanischen Wortes von Max zu Realität:
Max lernt: "dewa arimasen" - anders sein, nicht zutreffen, falsch
A: Japaner verwenden : "Chi-ga-i-ma-su"
B: In dieser Form: "Chi-ga-u"
C: Das könnte auch heissen oder klingt so änhlich wie: "Ji-ga" (selbst) -”O-u" (tragen)
D: In dieser Geschwindigkeit: "Chigau"
E: In diesem Dialekt: "Chau"

P.S.: An alle Japanisch-Insider: Ja, dass sind sehr konstruierte Beispiele. Die verwendeten Worte gehören wirklich zu den Einfachsten, und stellen schon lange kein Problem mehr für mich dar.
Gerade deswegen sind es gute Beispiele: DAS SIND DIE EINFACHSTEN, HÄUFIGSTEN WÖRTER! GEBT'S EUCH DES MAL!

Sonntag, 18. Juli 2010

Umwegeskarten

Japaner lieben Gruppen-Reisen. Das heißt sie laufen für gewöhnlich dem Schirmchen einer ortskundigen Person nach.
Anders geht das oft auch gar nicht, denn wer den Weg nicht schon kennt, wird ihn hier bestimmt auch nicht finden.

Das fängt mit den Hausnummern an, die nicht in der Reihenfolge sind in der die Häuser an der Straße stehen. Wenn man also gerade vor Haus Nummer 12 steht, kann die 13 am Ende der Straße sein - oder am Anfang, oder irgendwo dazwischen. Wenn die Straße etwas länger ist, stehen sie auf der Suche nach ihrem Hotel vielleicht sogar im falschen Stadtteil.

Okay: solange sie in der Stadt sind und ein Hotel suchen wird das schon schiefgehen - beim Bergwandern hört der Spaß aber auf:
Meine Aufwändig dicke Straßenkarte der Region kennt tatsächlich sogar recht kleine Pfade - was sie nicht davon abhält, dreist über deren Verlauf zu lügen. Für Kinder gibt es ja immer diese "Welcher-Weg-führt-durch-das-Labyrinth"-Spiele- dasselbe spiele ich also mit einem Berghang: auch der dritte Pfad den ich ausprobiere führt wieder zurück ins Tal. Mit der erbrachten Marschleistung hätte ich schon dreimal oben und wieder unten sein können. So muss ich unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Manchmal sind netter weise auch vor Ort Karten an den Touristen-Zielen aufgestellt worden. Nach kurzer Verwirrung (manchmal sind die Karten eingenordet, manchmal nach Blickrichtung ausgerichtet) fällt einem auf: da ist nicht das eingezeichnet was ich suche. Denn die Karten sind meist stark vereinfacht und bieten nur wenige Orientierungspunkte. Und natürlich jede Karte andere...

Auf einer Wanderkarte war die Länge eines Wanderpfades bis zu einer berühmten Ortschaft an deren Ende gleich lang, wie der Weg vom Bahnhof zum Pfad. Passt ja super für eine Sonntag-Nachmittag-Wanderung mit Tempelbesuch inklusive - dachte man so. Nachdem ich den Pfad also nicht gefunden habe (war ja klar: die Karte war da mal wieder nicht so genau) gehe ich zumindest in die Richtung des Ziel-Ortes - kann den Pfad ja dann auf dem Rückweg verwenden. Nach einem ordentlichen Fußmarsch neigt sich der Tag dem Ende entgegen und weder Wanderpfad noch Ortschaft sind gefunden. Beides klärt sich an einem neuen Schild an der nächsten Kreuzung: hier ist zum ersten mal der Pfad erwähnt - denn er endet hier. Bis zur Ortschaft sind es noch gediegene 15km Landstraße. Auf der Karte ist also weder eingezeichnet, dass der Pfad vorzeitig endet, noch dass mit Skalierungs-Ungenauigkeiten um den Faktor 10 zu rechnen ist.

Mein anderes Wander-Büchlein ist noch toller. Das hat zwar auch Karten, in denen sind die Wanderwege selbst aber nicht verzeichnet, sondern nur die Straßenkarten, wie man da hin kommt. Also weiß man ab der ersten Kreuzung (ohne "Geradeaus") nicht mehr, ob man überhaupt noch richtig ist. Die wenigen Schilder am Wegesrand weisen natürlich nie das aus, wo man hin will.
Auf dem Rückweg finde ich noch eine bessere Kuriosität: auf den Berg fährt auch ein Cable-Car/Bergbahn. Also findet sich vor dem Berg-Tempel auch ein Hinweisschild, wo es denn zur Berg-Station geht. Folgt man diesen Hinweisschild, läuft man bis ins Tal, an der Tal-Station vorbei zum Bahnhof- ein weiteres Schild: "hier hätten sie abbiegen müssen" kommt nicht mehr.

Unten

Damit nicht das Klischee weiterverbreitet wird,
Japan bestünde nur aus High-Tech und Tempeln:
Ein paar Photos von der Unterseite einer fernöstlichen Industrienation.




Sonntag, 4. Juli 2010

Urlaub Teil2: Photos a la Carte

In Ermangelung ernsthafter Erzählung, einfach mal ein paar Photos von Tokyo herausgefischt und aufgehübscht.
Bitteschön: optisches Sushi:




Donnerstag, 1. Juli 2010

Urlaub Teil1: Mit dem Fahrrad durch Kyoto

Zur Zeit sind neue Blogeinträge Mangelware. Das hängt mit einem Embargo auf die Haupt-Blog-Ressource (Zeit) zusammen, die von einer düsteren Verschwörungs-Vereinigung aus Familienurlaub, Arbeit und Fußball-WM verhängt wurde.

Wir bitten die Verzögerungen zu entschuldigen und bemühen uns bald wieder auf Sendung zu sein.
Gucken sie so lange einfach Fern: den dreiteiligen Heimatfilm "auf dem Fahrad durch Kyoto, ohne herunterzufallen oder die Identität polizeilich überwachter Familienmitglieder preiszugeben"
Gute Unterhaltung!



Montag, 14. Juni 2010

Sumi

Tusche-Malerei und -Kalligraphie ist in Japan eines der großen Kulturgüter - wird sogar an der Schule unterrichtet.
Dazu verwendet man nicht etwa ein Tuschefässchen, sondern einen Sumi-Tusche-Stab.
Der wird unter Zugabe von Wasser über einen Stein geschliffen und dabei aufgelöst - am Stein sammelt sich so sie Tusche. Je nachdem wie viel Wasser und Reibung verwendet wird, ändert sich die Konsistenz der Tusche und damit die Linie auf dem Papier.
Die Herstellung von Sumi ist ziemlich aufwändig, beinhaltet einiges an Handarbeit und Kunsthandwerk und dauert mehrere Monate.
Tätowierungen heißen übrigens "Iri-Sumi" - also "hinein-Sumi". Die beinhalten auch Handarbeit und künstlerische Tätigkeit, gelten aber trotzdem als asozial und werden nicht an Schulen geübt.



Ende der Unterrichtseinheit.
Ich persönlich benutze lieber einen Fude-Pen - eine Art Füller mit Pinselspitze statt Feder. Da muss ich nicht immer einen Stein mit mir herumtragen.

Mittwoch, 9. Juni 2010

Geschenkt

Heute (okay, das ist bei euch noch nicht, aber das wird schon) haben Luki und Mo Geburtstag - Anlass genug für einen Geschenk-Blogeintrag voller JapAWESOME stuff!


Ein Buch über, ähh, ...


Anime Figuren... -teile...


Die Klassiker! Lust auf ne Runde?


Da hab ich den Einheimischen exotische Trinkkultur nahegebracht.
Ja, das ist Ahoi Brause, die sie da schütteln - die beim letzten MTD07-FKF übrig geblieben ist. Und am rechten Bildrand...
Kam übrigens sehr gut an, auch wenn sie's mir erst nicht glauben wollten, dass man sowas wirklich macht (und auch nicht wussten was "Burauze" ist).


お誕生日おめでとうございます!

Sonntag, 6. Juni 2010

Sprachen

Ich bin ja nicht der einzige Deutsche auf dem Campus, nein, nein!
...
Gestern habe ich zum ersten mal den anderen Getroffen....

Ich spreche also 95% Englisch hier - obwohl Deutsch bei den Japanern aus irgendeinem Grund sehr beliebt ist. Viele lernen Deutsch als zweite Fremdsprache.
Davon können sie meist noch: "Guten Tag" und "Ich liebe dich" -
das deckt sich ungefähr mit meinen Franzöischkenntnissen, die ich an einem Franzosen und verschiedenen Afrikanern trainieren konnte.

Wenn man den ganzen Tag Fremdsprachen spricht, vergisst man das irgendwann. Zumindest ich vergesse sehr gerne welche Sprache ich gerade spreche. Ein verwunderter Gesichtsausdruck bei den Zuhörern: "Hab ich gerade Deutsch gesprochen?" "Ja..."

Geht auch umgekehrt: auf der Rückfahrt von einer Bergwanderung stehe ich - mal wieder - überfordert vor den Ticket-Automaten. Ein Passant bietet mir seine Hilfe an, die Sache ist schnell geklärt. Im weggehen denke ich: "hat der mich gerade auf Deutsch angesprochen? Woher wusste der denn... oh" - ich hatte meinen alten Bundeswehr-Pullover angezogen...

Heute traf ich dann ganz zufällig eine Bekannte beim besichtigen des alten Kaiser-Palastes in Nara. Sie hatte einige (teils ausländische) Freunde dabei, denen sie das Land zeigte, und da eine davon einige Zeit in Ludwigshafen gelebt hatte wollte sie ein paar Sätze mit mir wechseln. Je nach Zielgruppe/Person wechsle ich also zwischen Deutsch, Englisch und Japanisch. Zu allem Überfluss ist auch noch eine Französin dabei, die schnell mein "Bon jour! Je t'aime!" serviert bekommt.

Na dann good 夜, mes amis.

(Komplett zusammenhangsloses Photo)

Montag, 31. Mai 2010

Halbzeit

Und da waren sie vorbei, die ersten 3 Monate - Zeit sich ein Bier auf zumachen und über die erste Halbzeit zu reflektieren. (Irgendwie auch Übung für die Fußball WM).

Im Studio begrüße ich daher: den Grant, hallo Grant.

Grant: Ja, ja. Passt scho.

Und den Narrn.

Narr: Servus! Freut mich riesig hier zu sein.

Also los geht's: sag mal, Grant...

Grant: ...mhh?


Deine Aufgabe ist ja immer das Haar in der Suppe zu finden. In diesen 3 Monaten: ein gefundenes Fressen oder schwere Schürfarbeit?

Grant: So haarig war die Suppe ja bisher eigentlich gar nicht. Es kommt halt auf die Selektion und Konzentration an: es gibt viele nervige Kleinigkeiten, aber das ist normal so. Man muss also die großen Unstimmigkeiten finden, die großen Inhibitoren.

Ein Beispiel bitte: wo hat das Team denn die größten Schwierigkeiten in der ersten Halbzeit gehabt?

Grant: Ganz klar bei der Sprache: man kann sich einfach nicht halb so frei und unbeschwert bewegen, wenn man niemanden versteht. Das wurde schon gleich nach dem Abstoß klar.

Wir sehen hier nochmal wie Wiederholung: schwere Verständigungsprobleme schon am Flughafen.

Grant: Das war natürlich ein Schlag in den Magen. Die ganze Vorbereitung...

Narr: Ja, aber das gehört doch einfach dazu! Es wäre einfach zu langweilig, wenn alles glatt gehen würde.


Grant: Ja aber irgendwann amal könnt dann auch Schluss sein! Der Spaß hat a Loch.


Die fahrt vom im Meer gelegenen Flughafen zum Festland - mit erstem Blick auf Osaka.


Was waren denn die Highlights für sie persönlich? Eine Frage an den Narren.

Narr: Tjaa, da gab es so einiges... aber Nummer 1 war wohl, als das Team völlig überraschend über den Hozanji stolperte. Dass dieser Tempel sogar ziemlich alt und berühmt ist, wurde ja erst viel später klar.

Grant: ...ein Schlag ins Gesicht, für die Touri-Fraktion! Von wegen "da gäbe es nichts zu sehen"! Und dann diese Treppe zur Kirschblütenzeit... ganz großes Japan!





Ein weiteres Highlight, dass in der Berichterstattung viel zu kurz gekommen ist, sind die Amüsier-Meilen von Osaka...

Grant: ... sind ja auch sau schwer zu photographieren. Ständig rennt einem jemand durchs Bild!


Die Summe aus Japan + Geeks + Pornos ist wohl auch eher etwas für's private Album...

Narr: So schlimm wie die Klischees immer klingen ist die Realität bei weitem nicht. Ich war eigentlich positiv überrascht von der lockeren und freundlichen Atmosphäre.



Gegen Ende wurde die Partie ja immer Bergiger.

Grant: Ja, aber so richtig schönes Hochgebirge war dann auch nicht dabei.

Narr: Dafür immer mit Berg-Tempeln.


Was sind denn die Aussichten auf die zweite Halbzeit?

Narr: Tokyo wird eine sichere Kiste - die könn'se gar nich verlieren.

Grant: Also mir würd schon reichen, wann's endlich diese Sprachprobleme aus dem Weg räumen würden. Sonst seh ich da schwarz für den Titel.


Vielen Dank für das Gespräch. Zurück ins Stadion.

Sonntag, 30. Mai 2010

Und sonst so auf der Arbeit

Da ich hier nicht als Student sondern als Praktikant an der Hochschule bin, besuche ich keine Kurse und treffe mich kaum mit den Professoren (außer mit meinen direkten Arbeitgebern).
Daher hatte ich bisher nicht wirklich viel Ahnung davon, was die anderen Labors eigentlich so machen. Bis Gestern, denn da war Tag der offenen Tür.
Es stellt sich heraus: hoch interessante und wichtige Fragen werden hier ergründet.
...
Da die meisten sich aber um Programmierung und Datenbanken drehen, erspare ich das hier dem Leser und zeige nur die visuell beeindruckenden Dinge:

Das Robotik-Labor zeigte seine Forschung auf dem Weg zum Androiden.
Das, oder sie haben einfach eine Studentin da hingesetzt.
Wird mit jeder neuen Generation von Androiden schwieriger zu erkennen.

Außerdem zeigten sie eine Roboterhand, die das Gewicht eines Wasserglases mithilfe von Schallwellen ermitteln kann. Der Roboter lag um ganze 2 Gramm daneben; meine Hände haben eher so eine Kilogramm-Genauigkeit.

Unser Labor ist traditionell der Eye-Catcher.
Das liegt in der Natur der Forschung: Interaktive Medien sind immer erst einmal beeindruckend. Kann man sehen, kann man anfassen, kann man sich etwas darunter vorstellen.
Hier probiert ein Besucher gerade das "Augmented Reality" System aus. Dabei werden einem mithilfe einer Brille vom Computer erzeugte Bilder über die Wirklichkeit gelegt.

Auf dem linken Bildschirm sieht man dass, was der Proband gerade durch seine Brille sieht. Das Mittlere beschäftigt sich damit, echte Gegenstände in Videobildern zu orten und das Rechte versucht menschliche Gesten zu erkennen.

Hier noch eine kleine, verspätete Anekdote aus dem Labor. Dieses System, dass einer unserer Professoren entwickelt, verändert das aussehen realer Bilder auf dem Tisch, indem sie von einem Projektor bestrahlt werden. Als ich neu im Labor war, wurde mir das Gerät vorgestellt und erklärt, einer der möglichen Einsatzgebiete sei die Unterstützung farbenblinder Menschen - man kann einfach die Farben so verändern, dass auch der Behinderte sie wieder unterscheiden kann.
Dazu legte er einen Farbseh-Punkte-Test unter den Projektor, drückte auf einen Knopf und erklärte mir: so sehe ein Farbenblinder diesen Test.
Der ohnehin schon komplett einfarbige Testbogen wurde nochmal ein gutes Stück einfarbiger.
Der Professor schaute mich gespannt an. Für einen Moment war ich mir nicht sicher, ob ich einfach "Ohhh! Beeindruckend!" rufen sollte.
Doch dann erklärte ich ihm lieber, dass ich diesen Test auch ohne sein Gerät nicht bestehen könnte.
Darauf hin drückte er wieder auf einen Knopf, aktivierte damit den "Farbenblindheits-Korrektur-Modus" und schaute mich wieder erwartungsvoll an.
"87", las ich laut von dem Zettel ab, der jetzt plötzlich beschriftet war.
Allgemeine Erleichterung, Zustimmung, und gleich weiter zur nächsten Demonstration.
Und das war die Geschichte, wie ich zum ersten und einzigen Mal in meinem Leben einen Farbseh-Test bestanden habe.


Und was ist so aus meiner Arbeit geworden?
Die ist mittlerweile abgeschlossen und hat bei der Präsentation unberechtigt viel Aufmerksamkeit erhalten...

Ist halt was zum anfassen und herumspielen.

Mittwoch, 19. Mai 2010

Standard

Sowas - hier wird ja schon viel zu lange nicht mehr genörgelt.
Gibt's etwa nichts zu hadern hier?
Doch, doch- muss nur niedergeschrieben werden...


Japaner haben ein Problem mit Standards: sie haben keine.
Haben sie doch mal welche, dann halten sie sie nicht ein.
Musterbeispiel ist das Stromnetz: es wird das Amerikanische System verwendet, sowohl beim Strom als auch bei den Steckern. Dann jedoch verwenden sie zwei verschiedene Frequenzen. Nicht etwa "auf einigen abgelegenen Inseln", sondern das Land ist in der Mitte zweigeteilt zwischen 50Hz und 60Hz.
Es mag sehr deutsch und/oder nerdig erscheinen sich darüber zu beschweren - die meisten Leute bekommen den Unterschied sowieso nicht mit. Doch das auch die Stecker nur mit biegen und brechen (100% Wahrheit) in die angeblich Amerikanischen oder Deutschen Adapter passen ist nicht mehr so lustig. Dass ich die 50 bzw. 60 Herz nicht am eigenen Leib erleben durfte, wahr mehr Glück als Verstand (zugegeben). Aber der Saft ist erst der Anfang:


Unsere Mensa bietet eine Auswahl sowohl immer-gleicher als auch saisonal-veränderlicher Gerichte. Man kauft Essens-Tickets am Automaten und tauscht sie dann an der Theke gegen Essen. Alternativ isst man das Ticket, denn so einfach wie das klingt ist es nicht. Manche Speisen können auch ohne Ticket bestellt und anschließend an der Kasse bezahlt werden. Für Manche gibt es sogar gar keine Tickets. Das die aktuelle Speisekarte und Organisation nur auf japanisch angeschrieben steht hilft nicht wirklich.
Wieder andere Gerichte nimmt man sich selbst aus der Vitrine oder dem Kühlregal - auch hier gibt es für einige der Speisen Tickets - (die man dann an der Kasse abgibt, was nicht wirklich Sinn ergibt). Dafür bekommt man zu manchen Gerichten etwas dazu - Suppe oder Reis. Man muss nur wissen WAS und zu WELCHEN. Und dann muss man sich noch an die richtige Theke anstellen, denn alle Gerichte gibt es nur an einer bestimmten Theke - und ob diese Theke eine eigene Schlange hat oder sich die Schlange mit anderen Theken teilt folgt gar keinem festen Prinzip mehr.
Wer jetzt glaubt das wäre nur in unserer Mensa so irrt: wann man in Restaurants wie wo sein Essen bezahlt ist - richtig! - von Fall zu Fall verschieden.


Buslinien setzen noch einen drauf. Man sagt beim einsteigen dem Busfahrer wo man hin will, und gibt ihm direkt das Geld. Kein Ticket, keine Kontrolle.
Bei manchen Bussen.
Bei anderen Bussen zieht man beim einsteigen ein Papier-Ticket und zahlt beim Aussteigen den Betrag, der auf einer Leucht-Tafel angezeigt wird.
Das sind nicht etwa unterschiedliche Unternehmen, sondern dieselbe Buslinie von der selben Bushaltestelle.


Die Krone jedoch gebührt dem Schienenverkehr: da es verschiedene, konkurrierende Unternehmen gibt, gibt es oft Bahnhöfe auch zweimal (manchmal unter verschiedenen Namen) - aber nicht immer. Manchmal teilen sich die Unternehmen auch denselben Bahnhof und man kann mit demselben Ticket umsteigen und weiterfahren. Das das muss man beim Ticket-Kauf jedoch dem Automaten mitteilen - denn hier kauft man sein Ticket vor Fahrtantritt für genau die Distanz, die man Reisen will. Das Ticket verliert man, wenn man den Bahnhof verlässt an einer Schranke - wenn man beim Umsteigen also den Bahnhof wechseln muss, muss man ein neues Ticket kaufen, selbst wenn das alte noch weiter fahren könnte. Natürlich ist auf den Plänen nicht immer ersichtlich, welche Bahnhöfe zweigeteilt sind - hoffentlich bekommen sie am Schalter das überschüssig bezahlte Geld wieder zurück. Achten sie außerdem darauf in welchen Zug sie steigen: von der Bimmelbahn bis zum Schnellzug fährt alles vom selben Bahnhof ab - nur von welcher Plattform: das ist eine andere Frage. Nicht schlimm genug, dass sie auf derselben Strecke entweder 10 Minuten oder 1 Stunde brauchen können (je nachdem welchen Zug wie verwendet haben) - vielleicht ist ihr Ticket in diesem Zug auch gar nicht gültig.
Denn die normalen Tickets gelten nicht für den "Limited Express". Bei der Auswahl von "Express", "Rapid Express", "Semi-Express" und "Sub-Semi-Express" ganz leicht zu merken, oder? Aber vielleicht haben sie sowieso am falschen Automaten ihr Ticket gekauft - die Bahngesellschaften haben nämlich manchmal getrennte Geräte. Manchmal gemeinsame. Oft in ihren Firmen-Farben gestrichen. Und manchmal in irgendwelchen Farben - auch in denen der Konkurrenz.
Vielleicht haben sie auch Glück und sitzen mit ihrem Automaten-Ticket im Rapid-Express der richtigen Linie. Das ist manchmal nämlich doch erlaubt. Aber das ist dann schon echtes Insider-Wissen und selbst den Japanern nicht immer bekannt.


Wenn sie es jedoch einmal geschafft haben, ihr Essen richtig zu bestellen, den richtigen Bus zum richtigen Bahnhof zu nehmen und jedes Umsteigen zu meistern kommen sie sogar bis zum Kurama-Yama: einer Historien-Schweren Symbiose aus Tempel-Besuch und Bergwanderung. (Lahme Überleitung zum nächsten Satz Photos...)







Mittwoch, 12. Mai 2010

Japan in Bewegt-Bild

Mit neuesten Technologien ist es uns gelungen ein Stück Zeit aus Japans Bilderwelt herauszuschneiden, und ihnen, verehrte Damen und Herren an den Tele-Computatoren zu Hause sichtbar zu machen. Wir präsentieren: Bewegt-Bilder aus Fernost! (In Farbe!)


Takayama bietet als Freilichtmuseum einen Teil der historischen Tempel-Anlagen.

(Was deren Historie ist, konnte leider immer noch nicht dechiffriert werden - unsere Archäologen arbeiten noch an dem Schild am Eingang. Nur die Jahreszahlen "1663" und "1345" liegen im Klartext vor)


Ein Kostum-Fest in Osaka!

(Diese Otaku-Veranstaltungen sind viel freundlicher und menschlicher als ich mir das immer vorgestellt habe. Da ist unser Fasching fast trauriger.)


Eine riesige Krabbe greift ein Restaurant an!

Im inneren werden seine kleineren Artgenossen verspeist. Da würde ich auch die Fassade hochgehen!

Montag, 10. Mai 2010

Berge

Ein Großteil der japanischen Landmasse ist unbewohn(tes/bares) Gebirge.
Schwer zu glauben, dass ich erst dieses Wochenende zum ersten mal Bergwandern gegangen bin.
Aber irgendwas ist halt immer...
(Leider gab es keinen schönen Aussichtspunkt - war überall dichter Wald. Dafür einen Berg-Tempel. Das nächste mal versuch ich's mit höherem Gebirge. Mal sehen wer zuerst aufgibt: der Wald, die Priester oder ich)







Montag, 3. Mai 2010

Audioviel

Unterhalten sich ein deutscher und ein japanischer Frosch:
Deutscher Frosch: "Quaaak..."
Japanischer Frosch: "GeroGeroGero GeroGeroGero GeroGeroGero GeroGeroGero-"
Deutscher Frosch: "..."
Japanischer Frosch: "GeroGeroGero GeroGeroGero GeroGeroGero GeroGeroGero GeroGeroGero-"

Während hier also von allen Feldern ein abendliches Konzert erschallt, ist es Zeit einmal über typisch japanische Geräusche zu berichten: ein pseudo-akustischer Rundgang durch Nippon:

<<...PIUU....piuu...PIUU....piuu...Piuu....Piuu>>

Viele Fußgängerampeln pfeifen während den Grün-Phasen. Und zwar immer abwechselnd aus beiden Richtungen des Übergangs. Man muss aber nicht blind oder orientierungsschwach sein, um den Nutzen dieses akustischen Leit-Systems zu erkennen: an der roten Ampel schnell das Handy gezückt und eine Nachricht getippt? Kein Problem: nicht nur verpassen sie damit das Umschalten auf Grün nicht mehr, sie können während der Straßenüberquerung auch weiter tippen ohne aufblicken zu müssen. (Und die Leute tun das auch.)Der Ton weist den Weg...

<<"Irrashaimaseeee, doozo, ikagadeshooka, irrashaimasee...">>
Die schon fast berüchtigte Freundlichkeit der japanischen Verkäufer hat zuweilen etwas marktschreierisches. Neue Kunden werden Lautstark hereingebeten und willkommen gehießen.
Da unmöglich jeder Verkäufer wissen kann, welcher Kunde bereits Begrüßt wurde, wird man einfach bei jeder Gelegenheit nochmal begrüßt.
Manchmal schreien sie ihren Gruß auch einfach in den Raum, wenn sie dass Gefühl haben, jemand könnte neu hier sein, (oder das Gefühl, zu lange nicht mehr "Irrashaimasee" gerufen zu haben).

<<PLING, PLING, PLING, BRRING, DING DING, KLIRR, DADADATAA, KLIRR PLING>>
Japaner sind Glücksspiel-Freudige Menschen. Das einzige was es noch öfter gibt als die allgegenwärtigen Getränkeautomaten sind Banditen: Slot, Pachinko, Claw-Machines - meist alles ohne Arm, dafür um so lauter. Manchmal kann man (indirekt) Geld gewinnen, manchmal Sachpreise, meist keines von beidem. Habe ich schon erwähnt, dass die Dinger laut sind? Soo viel Sinn machen sie oft nicht. Bei manchen Claw-Machines (die Dinger, wo man mit Roboter-Greifarm Sachpreise grabschen muss) könnte man für 2-3 Versuche die Preise auch einfach kaufen. Das müsste dann auch nicht so laut sein. Alternativ kann man auch einfach Video-Spiele ohne Gewinn-Aussichten spielen. Die bieten mehr Spaß, sind aber genau so laut.
Ich glaube ich habe noch nicht wirklich zum Ausdruck gebracht, wie laut es in diesen Spiel-Höllen ist. NEHMEN SIE ASPIRIN MIT!

Zum Ausgleich noch ein Photo von einem Reisfeld. Hier kreischt nur der Frosch am Abend.

Montag, 26. April 2010

3mal3 (3 von3)

Wir kommen zum Finale:
Berühmt ist die japanische Landschafts- und Tempel-Architektur ja für ihre "Torii"-Tore. Sie haben im Shintoismus religiöse Bedeutung und finden sich daher oft vor Schreinen, in Parks oder auch einfach mal mitten in der Stadt:



Das Torii wird daher auch als allgemeines Symbol für Shinto-Schreine und -Anglagen verwendet (etwa auf Landkarten). Nicht zu verwechseln mit dem Buddhistischen "Manji", das von Touristen immer wieder für ein Hakenkreuz gehalten wird. Dabei ist das (dt.) Hakenkreuz andersherum und schief (45°) und steht nicht für die Ewigkeit (eher so für 12 Jahre, Krieg und Kapitulation - nachweislich das schlechteste Regierungsmodell in der deutschen Geschichte).
Das Manji und Torii sind also die beiden religiösen Symbole hier im Land und - im Gegensatz zu Europa wo schon eine Reformation für Kriege sorgt - koexistieren seit Jahrhunderten Tür an Tür. Manchmal steht tatsächlich ein shintoistisches Gebäude auf buddhistischem Tempel-Grund. Und umgekehrt.
Ein japanisches Wort für Ökumene existiert übrigens nicht.

Unabhängig davon werde ich bei meinen Tempel- und Schrein-Besuchen immer sehr schnell selbst zum Zentrum des Besucher-Interesses. Das glauben sie nicht? Dann setzen sie sich mal mit einem Zeichenblock vor eine Kirche und skizzieren das Bauwerk. Da kann der Priester noch so sehr seinen Weihrauch schwenken...
Das selbe passiert in Parks und Tiergärten - kann mir jemand erklären woran das liegt?

3mal3 (2 von3)

Und weiter geht es mit Sehenswürdigkeiten:


Hier sehen sie der sehenden Sehenswürdigkeit ins sehende Angesicht, und Füttern es mit Keksen: die zahmen Hirsche im Nara-Park.
(Haben sie sicherheitshalber immer Kekse dabei, sonst versuchen die Hirsche auch ihre gebratenden Nudeln, Skizzenbücher oder japanische Schulmädchen zu verspeisen!)

Dazu muss ich von einem vorangegangenen Blog-Eintrag nachtragen, dass ich wirklich überhaupt gar nichts gehen Sight-Seeing habe. Es ist viel mehr die Ignoranz gegenüber anders-Urlaubenden, die mich auf die Palme bringt.
Besonders meine Ausländer-Fraktion wird mir immer suspekter. Heute bei der Montags-Frage ("Was hast du so gemacht am Wochenende"): ich erzähle von meinem Besuch im Bunraku-Theater. Nachdem ich 20 Minuten lang befragt werde, warum und was denn das besondere an dem Puppen-Spiel gegenüber Marionetten-Shows sei geben sie schließlich zu Protokoll: sie waren hier noch nie in irgendeiner Form von Theater. Das sei langweilig.
SIE waren natürlich SHOPPING!
-_-

Beim Bunraku-Theater sind die die Puppenspieler in schwarzen Gewändern verhüllt, um die Aufmerksamkeit nicht von den Puppen abzulenken. (Nur berühmte Puppenspieler zeigen ihr Gesicht).
Das hat zweierlei Folgen: als ungeübter Zuschauer verpasst man die ersten 20 Minuten des Stücks, weil man sich zu sehr auf die unheimlichen, vermummten Gestalten konzentriert. Dagegen sind Ku-Klux-Klan Mitglieder und Darth Vader hübsche Faschingskostüme.
Und: man freut sich bei jedem Akt darüber, dass einem eine unheimliche vermummte Gestalt im gepressten Sprechgesang über den Fortgang des Stückes aufklärt. Darth Vader singt Kinderlieder mit seinem Ku Klux Klan-Ensemble.

3mal3 (1 von3)

Ein Eintrag zählt für 3 -
drei Bilder, drei Kurz-Infos, drei kurze Geschichten.
Damit bin ich in meinem Blog-Count wieder auf der Spur!
Es folgt der erste Streich:


Ein Stückchen Landschaft im Nara-Park. Man sitzt am Wasserfall und isst seine gebratenen Nudeln bei schönstem Wetter...

Dazu etwas über Nudeln: in Japan gibt es drei Sorten sehr populärer Nudel(Suppe)n:
Ramen sind eigentlich chinesischen Ursprungs, aber vor allem bei der Jugend sehr beliebt. Dünn und lang und aus Weizenteig ohne Eier. Vergleiche: Spaghetti.
Soba sind das original-japanische Pendant. Sie sind aus Bauchweizen und daher gesund, grünlich und nicht so populär bei der Jugend. Vergleiche Vollkorn-Nudeln.
Udon sind dicke, weiche, weiße Weizennudeln, Ur-Japanisch, eine regionale Spezialität vor allem im Westen Japans. Vergleiche Spätzle.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass Mauern strukturelle Ähnlichkeit haben mit Brücken - solange man oben auf der Mauer geht. Diese Erkenntnis erstreckt sich über alle Dinge.
Letztens waren wir mit den neuen Studenten in unserem Labor beim Wilkommens-Party-Abendessen. Nach dem Essen unterhalten wir uns bei Bier und Sake; und einer der Studenten erzählt, was für ein großer Ramen-Fan er ist!
Er will meine Meinung zu Ramen wissen - gespannt wartet er ob meiner Antwort...
Eigentlich will ich ihm erklären, dass Udon den Ramen in jeder Hinsicht überlegen sind, doch ich verwende den Vergleichs-Partikel (~yori) genau verkeht herum... und habe sofort einen neuen Freund, der mich zum Ramen-Essen einläd.
Da gehe ich natürlich gleich mit - erstens ist es mir bis jetzt sprachlich unmöglich meinen Irrtum zu erklären und zweitens schmecken Ramen auch gut...

Dienstag, 20. April 2010

Mehr Bilder, weniger Worte

Hier im Blog hängen schon die Spinnenweben, so selten komme ich nur noch vorbei.
Aber es gibt halt nicht immer eine Ellen-Arm-Meilen-Lange Geschichte zu erzählen.
Oder ich bin zu müde vom Meilen-Arm-Ellen-Marsch um sie zu erzählen.
Daher neue Politik: mehr Photos, weniger Storys!


Wind-Fische in einem Schrein in Osaka (beachten sie die Bänke links zum Größenvergleich.


Kuchen-Imitate vor einer Konditorei. In Japan stehen oft "Speisekarten" aus Plastik vor den Restaurants. Die Suppen sind wirklich unheimlich. Wer das nächste mal eine Suppe in einem schräg stehenden Teller sieht, die NICHT HERAUS LÄUFT, der weiß was ich meine.


Ein einzelnes Haus irgendwo, wo, .. wo bin ich hier überhaupt?


Noch ein Photo von der Treppe in Ikoma mit den Kirschbäumen (siehe letzter Blog-Eintrag).


Das Urban-Ding heißt ja nicht umsonst Osaka! (Oo = groß, saka = "Hügel,Hang")


Stände vor der Osaka-Festung. Oktopus-Bällchen sind in Japan so ein Standard-Volksfest-Essen wie bei uns Zuckerwatte und Gebrannte Mandeln.


Noch mehr Krischblütenpracht. Ich hab früher nie verstanden, wieso die Leute Photos davon machen - ist halt ein blühender Obst-Baum. Jetzt weiß ich, dass die Faszination einfach nicht zu photographieren ist. Es ist wie eingefrorene, dicke Schneeflocken, und wenn der Wind geht, fallen sie wie in Zeitlupe herunter.
Und das ganz ohne Kälte!

Dienstag, 13. April 2010

Tor-ismus

Achtung: Nörgel- und Mecker- Text voraus!
In seinem Buch "Gebrauchsanweisung für Japan" führt der Autor Andreas Neuenkirchen eine starke Argumentation für den in Deutschland/Österreich so verachteten Touristen.
Man solle doch sein Interesse an dem Land wertschätzen anstatt seine mangelnde Individualität und Authentizität zu benörgeln.
Das fand ich durchaus überzeugend - und habe mir mehr Respekt vor dem gemeinen Touristen einreden lassen. Nicht dass das auf Gegenseitigkeit beruhen würde:


Da ich selbst wenig mit Sight-Seeing und Pauschalreisen anfangen kann, stehe ich jede Woche vor demselben Tribunal und der Frage: "Was hast du gemacht, dieses Wochenende?"
Am Anfang habe ich naiv geglaubt, die Frage sei wörtlich gemeint. Ich habe dann erzählt, wie Ausflüge in die Umgebung unternommen habe, über Bambus-überwuchterte Hügel und durch versteckte Täler, über Reisfelder und durch Dörfer. Ich habe erzählt, wie einen alten Mann getroffen habe der, als er erfuhr dass ich Deutscher sei mir ganz begeistert erzählt hat, dass er früher in der Druckerei an einer "Heidelberger" gearbeitet habe, und was für eine "gud maschin" das war. Von meinem Kampf mit den Bankautomaten und wie ich einen teilweise verlandeten Kanal entlang gewandert bin (was immer schwieriger wurde, weil immer weniger Land und immer mehr Wasser im Kanal war).
Diese Geschichten waren dann meist von einem mehr oder minder deutlichen "Also hast du nichts gemacht?" unterbrochen, gefolgt von der Richtigstellung: "welche SEHENSWÜRDIGKEITEN hast du besucht". "Keine." "Ohhhh...".


Wohlgemerkt: es handelt sich nicht um die japanischen Kollegen (da sind die Sprachbarrieren noch viel zu hoch), sondern um die anderen Ausländer. Da werden meine Versuche, Land und Leute kennenzulernen nicht für voll genommen - wenn die Gegend nicht im Reiseführer auftaucht gibt es dort nichts zu sehen. Punkt. Aus. Ende.
Dass es nicht akzeptiert wird, dass das Land nicht nur aus seinen Attraktionen besteht finde ich um so unverständlicher, da die Touristen-Fraktion keine Gelegenheit verpasst mir beste Munition in die Hand zu geben um sie zu demontieren (was ich mir jedes mal verkneife).
Das ist diese Fraktion die zum Mittagessen in der Mensa und im Restaurant meist pseudo-europäische Gerichte bestellt. Sie essen dann ihre Spaghetti mit ihren Stäbchen und schlecht gewürztes, überteuertes Brathändl mit Senf und erzählen mir was man hier so alles sehen kann.

Eine Philippina erzählt, wie sie letztens die Festung in Okasa besucht hat - "aber die war langweilig". Natürlich hat sie trotzdem Photos gemacht - wenn man schon eine langweilige Festung besucht, muss auch langweile Photos machen, sonst gilt der Besuch scheinbar nicht. Sie zeigt uns die langweiligen Bilder auch. Eines interessiert mich dann doch: es zeigt ein Modell einer Brücke (vermutlich in einem der umliegenden Museen) - sehr detailliert und liebevoll gestaltet. Da will ich mehr wissen: was ist die Geschichte dieser Brücke? Hatte sie einmal strategische Bedeutung oder warum haben sie das Modell aufgestellt? Aber das weiß die Dame natürlich nicht - wenn man schon eine langweilige Festung erträgt und eine langweilige Brücke photographiert braucht man nicht auch noch den Text daneben lesen.

Auch bei der näheren Umgebung wird mit feinster Ignoranz geglänzt. Ich erzähle wie sehr mir hier die Bambuswälder gefallen, und das Geräusch das sie machen, wenn der Wind hindurchfährt. Eine andere Frau aus der Touristen-Fraktion fragt mich dann, WO denn "diese Wälder" gewesen wären...
Zur Erklärung: Es ist in dieser Landschaft nicht möglich mehr als 100 Meter gerade aus zu gehen, ohne mitten im Bambus zu stehen. Scheinbar sind 100Meter schon zu weit für Sight-Seeing. Oder zu kurz. Denn für die bevorstehenden Feiertage ist der Flug nach Taiwan schon gebucht. Scheinbar hat man nach 1-2 Jahren schon alles alles alles von Japan gesehen. Alles außer Bambuswäldern oder dem Dorf hinter dem nächsten Hügel.

Den Vogel abgeschossen hat dann aber eine Einladung zum Hana-Mi.
Kurze Erklärung: Hana-Mi ist der japanische Brauch, zur Kirschblüten-Saison ein Picknick im Park zu machen. Es werden Snacks gegessen und Alkohol getrunken und irgendwann stellt sich dann eine typisch japanische Gemütlichkeit unterm Kirschbaum ein. Beachten sie gewisse Parallelen zum Biergartenbesuch.
Ich werde also von den Landes-kundigen Touristen - nicht von den Einheimischen - zum Hana-Mi eingeladen, und sage freudig zu! Doch schon bei den Vorbereitungen wird klar: es wird nichts zu trinken eingepackt. Noch kein Grund zur Panik - ich kann auch ohne Alkohol gemütlich sein. Wir fahren eine knappe Stunde in die Stadt hinein. Detail am Rande: die Züge fahren hier oft nicht unterirdisch, sondern auf Hoch-Terrassen, und bieten damit einen schönen Überblick über die Stadt. Die Touris starren deweil auf ihre Handys. Vielleicht haben sie darauf ja langweile Photos von berühmten Aussichtspunkten. Wir kommen also an, und brauchen eine weitere Halbe stunde, bis sich die Leute auf ein Restaurant geeinigt haben. Es wird also auch nichts zu Essen geben. Dafür gibt es jetzt Bürger aus einer Fast-Food kette. Das Essen wird erstmal photographiert. (Glaubt einem zuhause keiner, dass es hier Hamburger gibt!) Danach wollen sie wieder in den Zug steigen - ich ziehe die Notbremse (im übertragenen Sinn!) und frage wo sie denn eigentlich hin wollen. Die Antwort: etwa 2 Zug-Stunden entfernt gibt es einen ganz tollen Park für Hana-Mi.
Mir wirds zu blöd und ich fahre wieder zurück - was mir allgemein auf mein Stubenhocker-Image angerechnet wird.
Nochmal zur Zusammenfassung: diese Leute fahren insgesamt 3 Stunden mit dem Zug durch die Stadt, um zu einem ganz speziellen Park zu kommen. Dort haben sie nichts gegessen und nichts getrunken, kein Picknick und keine Fest gemacht. Und bezeichnen dass dann als "Hana-Mi"!
Nochmal auf deutsch (bayrisch): Sie sind von Starnberg zum Ostbahnhof gefahren um einen ganz speziellen Biergarten zu sehen, essen auf dem Weg bei McDonalds, trinken nichts und glauben dann typisch bayrische Gemütlichkeit kennen gelernt zu haben.
Und ich bin der Depp.
Naa, iss scho recht!

Zum Abschluss meines "Tourismus stinkt"-Textes noch der Photo-Vergleich. Hier der "musst du gesehen haben!"-Trip zum weltberühmten Festival eines weltberühmten Tempels im weltberühmten Nara, zu dem ich mich habe mitschleifen lassen:

Ahh, in einer halben Stunde gehts los - ich wünschte wir wären näher an den Tempel gekommen...

Ahh! Da ist einer von den Fackel-Trägern! Nein, das Linke!

Jetzt sind wir fast am Tempel! Natürlich ist das Festival schon lange vorbei...
Und nun mein Stubenhocker-Ausflug ist total langweilige da unbekannte Ikoma:

Ich glaube ich habe mich verlaufen - aber wo führt nur diese verschlungene, von Kirschblüten überwuchtere Treppe hin?
Nicht im Bild: ich treffe einen Kanadier, der schon seit Jahren hier wohnt und mich daher vor den heißen Sommern warnt. Ich frage japanische Besucher nach dem Weg (scheinbar ist die Treppe ein Geheimtipp der Anwohner und freue mich, dass mein Lehrbuch mir 10 Wörter für "wunderschön" und kein einziges für "hässlich" begebracht hat (hätte ich hier nicht gebrauchen können). Und: eine Frau mit einem Restaurant für Internationale Spezialitäten bittet mich, bei Zeiten vorbei zu schauen und etwas über die deutsche Küche zu erzählen.

Die Treppe führt zu einem Tempel, der zu allem Überfluss heute auch noch ein kleines Fest hat.
Nicht im Bild: ich esse Oktopus-Bällchen und kaufe Glücksbringer. Wie ich später sehe tragen viele Japaner dieselben Beutelchen an ihren Geldbörsen und Rucksäcken. Ob echte Religiosität dahinter steht oder nur Ästhetik habe ich noch nicht herausfinden können.

Der Tempel liegt wirklich direkt am Mount Ikoma und hat ein weit verzweigtes Netz von Kapellen und Statuen. Es ist also mehr eine Bergwanderung als ein Kirchenbesuch.
Nicht im Bild: ein freundlicher japanischer Herr rettet mein Seelenheil, indem er mich in die Verhaltensregeln beim Tempelbesuch einweiht. (Gleich der Tipp: Räucherstäbchen niemals anpusten, um sie zu entfachen).

Auf Ikoma-yama hätte es auch einen Vergnügungspark gegeben - den haben mir die Touristen empfohlen.
Was bin ich froh, dass ich mich verlaufen habe...