Mittwoch, 31. März 2010

Nachtragend

Nachdem heute der letzte Tag des 3. Monats (im Westen auch "März" genannt) ist, und ich damit meinen ersten von sechs Monaten hier abgehakt habe - Zeit für einen Rückblick.
(Okay, vor allem will ich ja das Sixpack Blog-Posts im ersten Monat voll kriegen. Und weil's gerade nichts neues zu erzählen gibt, gibt's aufgewärmtes.)

Angefangen habe ich ja mit meinen Verständigungsproblemen am Flughafen - was so ziemlich das erste war was mir negativ aufgefallen ist. Ähnlich wie beim berühmt-berüchtigten Schul-Englisch bringt mich mein Schul-Japanisch hier kaum weiter. Dabei kann ich durchaus Formulieren und Fabulieren - solange es keine komplexen Sachverhalte beinhaltet. Nur die Antworten verstehe ich nie...
Verkäufer: "Willkommen!"
Autor:"Guten Abend. Ein Stück An-Man bitte" (Die Leute weigern sich vehement, mir das richtige Zählwort für Speisen zu verraten, also sage ich immer noch "Stücke" zu meinem Konsum)
Verkäufer: "An-Man bla bla bla bla bla bla. Blah bla bla Tüte bla bla?"
Autor: "Nein danke"
Verkäufer: "Bla bla bla bla bla 100 Yen bla bla bla bitte"
Autor: "50, 60, ..., ah, 100!"
Verkäufer: "Danke bla bla bla bla."
Autor: (nickt und geht schweigend, da ihm niemand verraten möchte, was eine angemessene Verabschiedung ist).


Auch erwähnt habe ich das japanische Silben-Alphabet, in das ich meinen Namen Quetschen muss. Dazu habe ich jetzt sogar einen Stempel, der "Makkusu" auf meine Verträge druckt. Brauch ich auch, weil ich jeden Arbeitstag einzeln mit einer Unterschrift absegnen muss. Bei einem knapp 30 Zeichen langen Namen hätte mich das ganz gut vom Arbeiten abgehalten.
(Japaner stempeln fast immer anstatt zu unterschreiben - deswegen kommen sie auch auf solche bürokratischen Glanzideen).


Zur isolierten Lage der Universität muss ich korrigieren, dass nur der Bus Schuld auf sich geladen hat, da er unregelmäßig und selten und nur vor 9Uhr fährt. Die Bahn fährt recht häufig, ist ziemlich pünktlich (was nicht auffällt, da sie zu häufig fährt als dass man eine verpasste Bahn vermissen würde) und hält auf den Centimeter genau dort, wo Bahnsteig-Markierungen es vorhersagen.

Der hier ist schon reichlich unpräzise. Manche Bahnsteige markieren sogar den rechten und linken Rand der Tür.


Etwas was ich noch zur - ohnehin schon zu langen - Banken-Geschichte (Ginko-Monogatari) hinzufügen kann ist der ironische Schlussstrich, dass sich DIREKT GEGENÜBER vom 7-11 Supermarkt eine Filiale meiner Bank befindet. Also hebe ich im Supermarkt Geld ab, gehe über die Straße und zahle es in meiner Bank auf mein Konto ein. Verkehrte Welt hier.
Wozu ich genau das japanische Konto habe, weiß ich noch nicht - Gehalt habe ich noch keines bekommen und sogar meine Miete muss ich in Bar bezahlen.


Zur Arbeit muss ich sagen, dass ich das Projekt selbst gewählt habe. Genauer gesagt wollte der Professor, das ich im Vorschläge mache, was ich den als Projekt realisieren kann. Hier meine Skizzenbuch-Seite mit den drei Vorschlägen, aus denen ihm dann der linke am besten gefallen hat.


Bei der Architektur bin ich bisher daran gescheitert, das besondere, das japanische daran einzufangen. Auf meinem abendländischen Duktus geht jeglicher orientalischer Zauber verloren.

Da muss nicht nur sprachlich noch nachgebessert werden.

Sonntag, 28. März 2010

Kleinigkeiten

Nachdem ich hier sonst immer über meine großen Probleme geschrieben habe, könnte der Eindruck entstehen es gäbe hier nichts außer nervtötenden Abenteuern.
Stimmt natürlich nicht - auch hier besteht das Leben zu 90% aus alltäglichen Kleinigkeiten. Und einigen ziemlich coolen Kleinigkeiten.
Nun also ein Blog-Eintrag über die kleinen, die schönen, die typisch japanischen Dinge hier.
Mit mehr Bildern, weil ich sonst immer Romane schreibe.



Die Kaffee-Ecke in unserem Labor - besonders angetan haben es mir diese 1-Tassen-Großen Kaffeefilter-Sets. Ich brühe mir hier gerade einen "Brasilien", daneben steht ein Päckchen der Sorte "Europa" (wo genau in Europa dieser Kaffee angebaut wurde, verrät das Päckchen leider nicht).
Außerdem ist zu erwähnen, dass die Japaner zur Abrechnung des Kaffee-Konsums anstatt unserer Strichlisten das Schriftzeichen 正 (tadashii - Recht, Richtig, Gerecht) verwenden. Funktioniert aber sonst genauso, da es auch aus 5 Strichen bestecht.



Eine schöne Kulisse überall: die Architektur hier - traditionelle und moderne westlich inspirierte Gebäude wechseln sich hier mit verschiedenen Mischformen ab.
Als ich dieses Photo gemacht habe wartete eine Frau mit ihrer Tochter außerhalb des Bildrandes, bis ich fertig war (mit typisch japanischer Zurückhaltung und Höflichkeit). Das Mädchen trug - wohl zu einem speziellen Anlass - einen hübschen traditionellen Kimono. Sie wohnte nicht etwa in dem Haus, sondern wollte (um den Tag festzuhalten?) vor dem Tor photographiert werden - wofür die Mutter sie eigens hergefahren hatte. (Soweit zumindest mein Verständnis der Szene)



Ich persönlich habe einen Narren gefressen an den hier ubiquitär vorhandenen Abfluss- und Bewässerungssystemen. Überall gibt es kleine Gossen, die von Reisfeld zu Reisfeld wandern, und über System von Kanälchen in diesen Kanal münden. Bin schon gespannt auf die Regenzeit, wenn die Dinger wirklich Wasser führen.
In Anlehnung daran...



...da fließt ein Bach durch mein Haus...
...genug gesagt!



Eine freundliche Warnung auf unserer Pinnwand.
Typisch japanisch ist dabei nicht die Spinne (die wurde erst 1995 eingeschleppt) sondern die Formulierung: "セアカゴケグモに気をつけましょう". Was ungefähr so viel heißt wie: lasst und auf die Rotrückenspinne acht geben. Das "Lasst uns.." ist eine Beliebte Formulierung für alles, was man zwar machen sollte, was aber nicht vorgeschrieben ist. Was in diesem Fall auch nicht so schwer fällt.


Tja, dann lasst uns mal wieder ans Werk gehen...

Montag, 22. März 2010

Geheime Schatten-Technik: Software-Entwicklung

(Update: Jetzt auch mit Bildern)
Nach dem ich in einem früheren Eintrag geschrieben habe, dass ich nicht so genau weiß, was ich eigentlich arbeite, werde ich immer wieder gefragt, ob ich denn mittlerweile wisse, was ich so arbeite.
Um das zu beantworten: ja mittlerweile weiß ich was ich so arbeite. Danke für euer Interesse.

Um der Frage zuvorzukommen, WAS ich denn so arbeite, hier die ganze Story:

In unserem Labor haben wir eine große Display-Wand, etwa 2 Meter hoch und 4 Meter lang. Diese funktioniert durch Rückprojektion auf Milchglas-Scheiben und ist mit einem Berührungssensor ausgestattet, der wiederum mit Infrarot Sensoren auf der Vorderseite arbeitet.
Für dieses Set-Up soll ich nun eine Mal-Applikation entwickeln, sodass man wie auf einer echten Wand mit Händen, Füßen oder übergroßen Pinseln malen kann.



Die Display-Wand mit laufendem Prototypen - in der Spiegelung kann man die Einrichtung erkennen.



Wer glaubt dass das jetzt der spannende und lustige Teil an der Sache ist irrt.
Das Spannende und Lustige daran ist, dass natürlich alles auf japanisch ist.

Das fängt schon bei der Tastatur an - die sieht nicht nur lustig aus, sondern hat auch die meisten Sonderzeichen nicht auf den Tasten, auf denen sie abgebildet sind. Ein Backslash habe ich überhaupt noch nicht finden können.

(Nein, die Taste mit dem Backslash darauf setzt natürlich kein Backslash.
Das macht das Programmieren ... ähm... fordernd- vor allem in der Symbol-Verliebten Sprache C++ (hier nach örtlichem Sprachgebrauch Shi++ genannt - wer jetzt gelacht hat bekommt einen Stockhieb für jedes mal, als er die Sprache gut-teutsch "Tseh++" genannt hat.)

Mein Arbeitsrechner ist mir netter weise in Englisch eingerichtet worden - und damit völlig inkompatibel zum japanischen Ziel-Rechner, der die Display-Wand steuert (und den ich daher kaum bedienen kann). Also kann ich mein Projekt nicht richtig portieren und renne ständig mit binaries hin und her und hoffe, auf beiden Systemen dieselben Fehlermeldungen zu Provozieren.
Keine Angst: die sind nicht japanisch - die sind fast immer leer. Da muss man gut raten und eine neue Version ausprobieren.

Das wirklich, wirklich geniale ist aber die japanische Dokumentation des Systems. Trotz vermeintlicher Internationalität der technischen Fachbegriffe, hat es der Autor geschafft für wirklich JEDEN Begriff ein japanisches Wort aufzutreiben. Wo er es schon nicht geschafft hat, Jahrhunderte alte Schriftzeichen für "Sensor" und "Variable" aufzutreiben, hat er zumindest eine kreative Transkription in Katakana gefunden. Oder bunt gemischt. Wie bei solchen Dokumenten üblich ist sie an den entscheidenden Stellen lückenhaft oder zweideutig - da wissen auch die Kollegen nicht recht weiter. Sicherheitshalber steht aber auf jeder Seite dick der vermerk "confidential". Warum man eine Anleitung für einen öffentlich zum Verkauf angebotenen Sensor geheim halten sollte, erschließt sich mir jetzt nicht.
Es steigert jedenfalls die exotische Spannung an der Sache. Gerade das Tolle an diesen Widrigkeiten und der japanischen Sprache ist, dass man das Gefühl bekommt an etwas geheimen und undurchschaubaren zu arbeiten. (Tut man ja irgendwie auch)
Zentral für meine Arbeit ist etwa 影情報 (kage-jōhō) - Schatten-Information. Das ist eigentlich nur der (Infrarot-)Schatten, den ein Finger beim berühren der Wand auf den Sensor wirft. Nachdem "kage" aber auch im "schattenhaften" Sinne verwendet werden kann, und "jōhō" auch im militärischen Kontext Informationen bezeichnet, fühlt man sich gleich, als ob man von einem Shinobi-Agent in einem Hinterhof-Teehaus geheime Informationen über den Shogun zugespielt bekommt. Und wenn man dann die betreffende Stelle aus der Anleitung endlich dechiffriert hat, kann man eigentlich gar nicht mehr gefrustet sein - darüber, dass da nur stand dass es sich um Shi/Shi++ format function declarations handelt, und man für Beesikku style descriptions eine andere Dokumenation braucht.
Das war mal ziemlich sinnfreie Schatten-Information...

Donnerstag, 18. März 2010

Geld

Eine Geschichte von Besitz und Eigentum...
Wie jeder Mittelschüler lernt, sind das unmittelbare Besitzen einer Sache und deren eigentliches Eigentum zwei paar Stiefel. Wer in den vergangenen Jahren die Nachrichten verfolgt hat weiß, dass Banken ganz besonders gut darin sind diese Trennung zu auszunutzen. Etwa so:
Kunde: "Guten Tag - ich möchte gern etwas Geld auf ein Konto einzahlen."
Bankier: "Bitte sehr, bitte gleich."
Kunde: "Oh, Moment. Das war zu viel. Ich möchte wieder einen Teil abheben von dem Geld."
Bankier: "Welches Geld?"

Persönlich habe ich meist jedoch gute Erfahrungen mit Banken gemacht - war ja immer auf der Geber-Seite. Also schlage ich alle Warnungen in den Wind, dass ich in Japan nirgendwo an mein deutsches Geld kommen werde.
Ach was - ich fahr doch nicht nach Zentral-Afrika, sondern in eine der fortschrittlichsten Technologienationen...

Und natürlich habe ich eine anständige Summe Bargeld mitgenommen - an Vorbereitung hat es ja nicht gemangelt. Aber auch der tiefste Krug geht einmal zur neige, und so rückte der Tag der Insolvenz immer näher - denn wahrhafig: kein Bankautomat, kein Geschäft, kein Restaurant akzeptiert EC oder Kreditkarten.
Zu allem Überfluss musste ich auch noch ein japanisches Konto eröffnen - mit "Eröffnungs-Betrags-Pflicht". Da waren wieder 10.000Yen weg.
Und Schein um Schein verließ den Geldbeutel.
Am Mittwoch Abend war es dann soweit: kein Geld mehr im Beutel, kein Essen mehr im Zimmer (außer Hello-Kitty Bonbons). Im Kühlschrank, einsam, das letzte Bier.
Damit ich wenigstens meine 10.000Yen wieder bekomme (ohne in die nächste Stadt latschen zu müssen - denn für den Bus reit das Geld schon seit Tagen nicht mehr) bräuchte ich meine japanische Bank-Karte. Doch der Postbote kam heute schon wieder nicht - hätte schon vor einer halben Stunde da sein müssen. Verzweiflung macht sich breit.
Da klingelt das Telephon!
Im Schwall der Fremdsprachigkeit: die ersehnten Worte "Yuubin". Ich stürze zur Tür - tatsächlich er ist da. Der Haitatsu-in. Für eine Unterschrift rückt er den Brief heraus. Den Göttern sei's gelobt! Das Frühstück ist sicher!

Doch noch ist die Gefahr nicht gebannt! Nur die 10.000 hab ich wieder (werden gleich am nächsten Morgen dem nächstbesten Automaten entrissen. Dass kann kaum zwei Wochen reichen.
Doch ein Trip nach Nara zerstört nicht nur die Hoffnungen, dass nur unsere Provinz-Bankautomaten meine Karten nicht mögen, sondern belastet auch die Geldbörse.
Dazu die Hiobsbotschaft: anscheinend kann die japanische Bank mir auch gar keine IBAN-Nummer für mein Konto geben - also scheidet auch die "Überweisungs-Taktik" aus.

Ideen müssen her - und Perspektiven. Ich marschiere zur Gakken-Nara-Tomigaoka-Station und probiere alle Banken und Geldautomaten durch. Doch auch fachkundige Hilfe zwingt die Automaten nicht in die Knie!
Dann der Tipp: Post-Ämter sollen Ausländer-Freundliche Geräte haben. Doch es ist Samstags und schon kurz vor vier!
Ich renne. (Erste Nicht-Übertreibung in diesem Text.) Frage eine japanische Oma nach dem Weg, doch die weist mich in die falsche Richtung?! Kennt sie eine Abkürzung oder habe ich wieder Yuubinkyoku mit Toshokan verwechselt? Doch die nächste Oma die ich treffe bestätigt: dort liege die Post!
Und tatsächlich: hier liegt auch eine Poststelle.

Doch es ist vier nach Vier... seit 16:00 hat hier alles Wochenende.
Nein! So schnell gebe ich nicht auf! Da war doch noch eine größere Poststelle in der Gegend. Ich suche, ich marschiere, ich finde - sie hat noch offen,DOCH! Auch dieser Automat verschmäht mein deutsches Plastik-Geld.

Mitten in der Nacht dann Kriegsrat mit der Talstation in Österreich-Deutschland. Ein letzter Heißer Tipp: im 4km entfernten Dörfchen SchiraNiwaDai gibt es einen "Seven-Eleven" Supermarkt. Die Amerikanische Kette habe - so Erzählungen - schon so manchen Touristen vor der Insolvenz bewahrt. Englische Geräte mit internationalen Beziehungen seien hier zu finden.

Am nächstem Morgen mache ich mich auf den Weg. Dort steht der Bankomat - der letzte Strohhalm.
Karte rein, Signal-Ton, Karte raus, "Card Invalid!"

Nein, dass kann es jetzt wirklich nicht sein!
Ich probiere alle Kombinationen, alle Karten, alle Pin-Codes, alle Funktionen, alle Betrags-Wünsche, Vorwärts, Rückwärts, Linksherum...
Bis plötzlich zu meinem Erstaunen 10.000Yen im Ausgabeschacht liegen.

Ja verreck! Wie hab ich dass denn hinbekommen? Alle Versuche den Vorgang zu reproduzieren schlagen fehl! "Card invalid", "Pin-Code incorrect", "Service unavailable".
Verwirrt gehe ich nach Hause, recherchiere, und bastle mir eine Theorie zusammen:
Scheinbar ist mein Konto in Deutschland intern in ein EC-Konto und ein Kreditkarten-Konto aufgeteilt. Als "normales Konto" lag das ganze Geld natürlich auf ersterem. Das zweite war leer, und hatte einen Kreditrahmen von 100€...
100€ - 10.000Yen ... das könnte passen. Schnell überweise ich intern Geld von "EC" nach "Visa".
(Bitte ignorieren sie an dieser Stelle die Lächerlichkeit, einer KREDIT-Karte, die man vorher mit Geld aufladen muss. Kredit, von meinem eigenen Geld - ist klar!)

Eine Nacht ein paar Tage später habe ich dann eine gute Gelegenheit, meine Theorie zu testen. Selbstbewusst marschiere ich in den Seven-Eleven-Markt, probiere die Kombination aus Karten-Richtung und Funktions-Wahl, die beim letzten mal am erfolgversprechendsten war, und...
bekomme AUF ANHIEB! 50.000Yen! (Ausgabe-Limit dieser Maschine)

Es war die Rettung! Reichlich Deutschgeld in den Taschen und Zuversicht im Herzen gönne ich mir gleich in dem Supermarkt einen NekoMan!

(Ein NekoMan ist eine dem Germknödel ähnliche Dampfnudel - nicht zwangsläufig eine Süßspeise. Es gibt ihn in verschiedensten Ausführungen. Mit Curry gefüllt wird er zum Karee-Man (schmeckt besser als es klingt). Mit süßer Bohnenpaste zum An-Man (das ist wirklich der japanische Germknödel). Die einzige Man-Variante die ich bis dahin noch nicht probiert hatte war der Original-Nekoman - weil ich das Schriftzeichen nicht lesen konnte und daher auch nicht wusste, womit er gefüllt war...

Wie sich herausstellte, ist er mit Geschnetzeltem gefüllt. Vor allem mit Zwiebeln.
Das war wirklich das erste richtig ekelhafte, was ich in Japan bisher gegessen habe!
Gegen den kulinarischen Tiefschlag ziehe ich mir gleich am nächstbesten Getränkeautomaten einen heißen Grünen Tee.
Der Automat bedankt sich artig und der Tee wärmt mir die Hände.
So kann eine Nacht in ShiraNiwaDai eben auch enden: reich und glücklich.


Zur Abrundung für den ellenlangen Text: ein Bild sagt mehr als tausend Worte, die man auch alle nicht verstanden hätte...

Dienstag, 9. März 2010

Der Heim-Vorteil

Tatsächlich habe ich mir bis jetzt Zeit gelassen den Blog-Titel zu erklären. Also wird's höchste Zeit:

Es begab sich also, dass da derer junge Personen sich zum Studium versammelten an einer österreichischen Fachhochschule.
Die war derart sonderbar, dass einige dieser Studenten sogar eine Zeichentrick-Serie darüber entwarfen, die das Leben um und in der Hochschule ... ähm ... wiedergab?
(Naja- Serie ist übertrieben: wir arbeiten noch an der ersten Folge)

Die Serie bekam den Titel: "Heim-Vorteil", da der Haupt-Witz an der Hochschule in der Serie der war, dass das Studentenwohnheim direkt neben der Bildungseinrichtung war. Und ich meine nicht in der Nähe, sondern DIREKT DANEBEN!
Haus an Haus!
Mit Anlauf hätt' ma 'rüberspringen können!

Nun hätten wir es unmöglich wissen können, aber am anderen Ende der Welt existierte tatsächlich NOCH eine solche Hochschule.
Praktisch genau dieselbe nochmal.
COPY-PASTE!

Das Schicksal hat Sinn vor Humor und sagt: wenn es dir so gut gefallen hat, bekommst' fürs Praktikum das gleiche in grün!
Und da bin ich nun im japanischen Hagenberg.
(Liste der auffälligen Gemeinsamkeiten siehe Kommentare)

Daher habe ich als Blog-Titel einfach "Heim-Vorteil" ver-quasi-übersetzt.
Richtigerweise müsste es natürlich heißen:
大学生寮 の 利点
(Daigakusei-ryou no riten)
Aber da die Vorlage ja "Heim-Vorteil" hieß, und nicht "der Vorteil des Studentenwohnheims" habe ich das ganze zusammen gestaucht.

(RyouRi)
[Heim]+[Vorteil].
Dann habe ich mich beim Nachschlagen auch noch vertippt und RIYOU statt RYOU eingegeben, was den unverhofften Vorteil hatte, dass der Titel noch nicht vergeben war.
(ryouri.blogspot.com berichtet über Essen und hat überhaupt nichts mit Wohnheimen zu tun)

Und überhaupt: als ob das jemand merken würde...

Jetzt aber erstmal ein paar Photos, und im Laufe der Woche sammle ich dann alle Gemeinsamkeiten zwischen hier und dort - stay tuned!


Freitag, 5. März 2010

Namen

Im Warteraum einer Bank hat man etwas Zeit zum nachdenken, während das Fräulein verzweifelt versucht mir ein Konto zu erstellen. Zum Beispiel über... Namen?
Warum haben wir Europäer alle so lange Namen, dass wir uns immer nur mit populären Kurzformen ansprechen. Mich hat noch nie jemand ernsthaft Maximilian genannt - ich hab schon immer Max gehießen.
Und warum gleich so viele davon? Wir verwenden eigentlich nur 2, wer aber nicht mindestens 3 Namen hat fällt aus dem Raster. Den einzigen Sinn von zweiten Vornamen den ich bisher erkennen konnte, war Smalltalk: wenn Leute auf Partys plötzlich so schauen, als hätten sie gerade von der geheime Identität eines langjährigen Freundes erfahren: "Wie: du heißt Horst?"
Gut: in Deutschland ist das "viele, lange Namen"-Problem nicht so drastisch, da sich die Bürokratie darauf eingestellt hat - man muss fast nie alle Vornamen angeben. Und die Anzahl der Zeichen wird nur an der Uni nervig, wenn man bei Prüfungen jedes Blatt mit Vor- und Nachnamen plus Matrikelnummer versehen muss (viele benutzen da einfach einen Stempel).

In einem Land, in dem Namen im Durchschnitt nur aus 4 Zeichen bestehen (wohlgemerkt: der VOLLSTÄNDIGE Name) wird das jedoch unweigerlich zum Problem.
Um alle Zeichen in das vorgesehene Feld zu quetschen braucht man fast schon ein Mikroskop.
Noch schöner wird das ganze, wenn man versucht die Vielfalt europäischer Laute im japanischen Silben-Alphabet (hier Furigana genannt) wiederzugeben: das hat nur 5 Vokale mal 16 Konsonanten - in Kombination. Wärend man also vergleichbar viele Zeichen hat (also kennen muss), hat man nur wenige Laute zur Verfügung. Kein CH, keine Umlaute, keine Konsonanten-Kombinationen wie "Kr" oder "Ks" - letzteres wäre für Max/Maks irgendwie wichtig gewesen. Da hilft nur ein füllendes u, weshalb ich jetzt "Makushimirian" heiße.
Und: ein Lob auf die Technik: der Computer kann so viele Zeichen natürlich gar nicht verarbeiten - auch beim dritten Versuch siegt wieder der Buffer-Overflow.
Die Bank-Dame gibt irgendwann auf, und erledigt den Papierkram lieber von Hand. Das wird sich irgendwann noch rächen. Auf meinem Ausländerausweis jedenfalls dauerte es nur 5 Minuten, bis der erste Fehler im Namen auftauchte - ein Glück dass wir den überhaupt bemerkt haben.
Bis also die Polizei vor der Tür steht und mich darauf hinweist, dass man Visum nur für einen Makusumiran, nicht für einen Makisumerian gültig ist, genieße ich meinen ersten freien Tag.
Erstmal mit ausschlafen; dann, wer weiß womit...

Mittwoch, 3. März 2010

Erster Arbeitstag - Irgendwie

Habe erfolgreich meinen ersten "richtigen" Arbeitstag überstanden.
Ich verbitte mir fragen, was ich denn so arbeiten würde. Das werde ich schon den ganzen Tag gefragt und die peinliche Antwort ist: ich weiß es nicht!
Der Professor (zur Zeit auf einer Tagung) hat mir nicht gesagt, womit ich hier genau meine Zeit verbringen werde.
Als ich ihn (per eMail) fragte, antwortete er mir mit einer Breitseite new-media-buzzwords, die ich noch nie gehört hatte und dem netten Anhängsel: "das entscheide ich dann, sobald wir uns treffen".
Also helfe ich einfach aus wo ich kann, sehe mir das Labor an und lese wissenschaftliche Arbeiten, in denen dieselben buzzwords verwendet werden - wobei ich das Gefühl nicht loswerde, dass sich auch die Autoren noch nicht ganz sicher sind, was die Begriffe eigentlich bedeuten. Die Kunst, so vage zu bleiben, dass man gleichzeitig alles und nichts meinen könnte lernt man übrigens an jeder Uni und ist der eigentlich geprüfte Gegenstand bei mündlichen Prüfungen.
Lernen kann schließlich jeder - über etwas referieren von dem man nicht mal weiß was der Titel bedeutet ist wahrer Intellekt.


In erfreulicherem Zusammenhang habe ich heute meinen Japaisch-Skill gelevelt und *tadadadaaadada* kann jetzt endlich das Heizungs-Panel in meiner Wohnung lesen.
> *benutze LEXIKON mit WAND-PANEL*
Spieler: "Hey, die war ja gar nicht eingeschaltet... darum ist es immer so kalt"
> *benutze WAND-PANEL*
Heizung: "Brmmmmmmm"
Spieler: "Ohhh, warm"
> *benutze COMPUTER*
Spieler: "darüber schreibe ich in meinem BLOG!!!"
Spieler: "Liebes japanisches Heizungs-Herstellungs-Schriftzeichen-Shogunat -STOP-"
Spieler: "Bitte um eine Reform der Heizungs-Schriftzeichen -STOP- "
Spieler: " 'das Schicksal drehen' und 'stop anhalten' sind keine guten Wörter für 'An' und 'Aus' -STOP-"
> *betrachte FERNSEHER*
Spieler: "... liebes japansiches Fernseher-Herstellungs-Schriftzeichen-Shogunat -STOP-"
Spieler: "WENN ihr schon abwegige Wörter für 'An'
und 'Aus' verwenden müsst, sprecht euch wenigstens mit den Heitzungs-Herstellern ab!"

Montag, 1. März 2010

Antransport

Wie man sich und seine sieben Sachen nach Japan bekommt:

1.: Sieben...tausend Mitbringsel besorgen - vor allem natürlich Bier

2.: Feststellen, das die Fluggesellschaft das gar nicht so gerne sieht - Gepäck wiegt zu viel

3.: Sich schweren Herzens vom Bier trennen ;_;

4.: Im Sicherheitsbereich am Flughafen im Duty-Free-Shop denken: "Na, des geht net - ich MUSS Bier mitbringen"
Also schnell noch etwas ins Handgepäck gestopft. Bin ja durch dir Sicherheitsschleuse schon durch

5.: In einem arabischen Land feststellen, das man sich nach dem Aussteigen plötzlich wieder AUSSERHALB des Sicherheitsbereiches befindet.

6.: Wie durch ein Wunder mit 1,5 l Flüssigkeit im Handgepäck durch die Schleuse kommen.

7.: In Japan an der Gepäck-Ausgabe einen Hund sehen - oh, niedlich: 犬さま!

10. Vom Hund beschnüffelt werden - was für ein süßer Drogen-Spürhund: 面白いか、犬さま?

11. Vom Zoll raus gezogen werden, weil der Hund gesagt hat, man rieche nach Drogen - dieses Drecksvieh!

12. Das erste japanische Gespräch:
Zollbeamter: "Sprechen sie ein wenig japanisch"
Ich: "ein wenig" (wie wenig, dass wirst du gleich noch feststellen...)

13. Das gesamte Gepäck gefilzt bekommen. Die Zollbeamten sprechen kaum Englisch, selbst spricht man kaum japanisch - tolle Kombination. Die Frage nach dem Rückreisedatum/Aufenthaltsdauer benötigt geschlagene 10 Minuten bis sie meine Hirnrinde erreicht.

14. Ganz nebenbei feststellen, das man mit einem einzigen Wort den gesamten Hausstand nebst Atomwaffen-Programm, Handgranatensammlung und Leichenteilen durch den Zoll bringen kann - dabei: das einseitigste Gespräch, dass in ganz Japan an diesem Tage stattgefunden hat:
Zollbeamter: [entpackt etwas] "Und das ist...?"
Import-Spedition: "Mitbringsel"
Zollbeamter: "Ah, gut. Und das hier?"
Import-Spedition: "Auch Mitbringsel"
Zollbeamter: "Und hier... auch Mitbringsel"
Import-Spedition: "Ja, auch Mitbringsel"
...
Die Darsteller wiederholen die Szene für weitere 15 Minuten - und der Importeur stellt erleichtert fest, dass er scheinbar doch so clever war, seinen Schnupftabak nicht einzupacken. Das Konzept von "Tabaco, den man sich in die Nase schiebt" hier zu erläutern hätte in einem Desaster geendet.
Bemühungen Japanisch zu sprechen/lernen werden gelobt, und im Anschluss wird sich beiderseits 10mal bedankt.

15. Beim Auspacken im Zimmer feststellen, dass man den Schnupftabak doch dabei hatte.

Glückwunsch: sie haben ihr Ziel erreicht sind jetzt in ganz Japan der einzige Besitzer von Pöschels "Löwen-Priese" aromatisch frischem Snuff.
Und draußen geht bereits die Sonne auf.

JapAWESOMEness Level 5 auf der Richter-Skala.