Dienstag, 11. Dezember 2012

Erweiterung der Realität

Wie schon vorherig Erwähnt bekomme ich von der Japanischen Regierung reichlich Taschengeld für... ja, für was eigentlich?

Aus Faulheit und mangelnden Sprachkenntnissen habe ich mir diverse Kurz-Erklärungen zurecht gelegt.
Etwa:
"Informatik" (der ist knackig und vertreibt das Interesse)
oder:
"So Medien Zeug Filmproduktion Spezialeffekte Krach Bumm und so".
Also vor allem Sprüche die das Gespräch möglichst schnell wieder auf anderes lenken.

ABER HIER NICHT! Hier gibt es die ganze Wahrheit!

AUFGEMERKT (und schnell noch den Patentantrag zusammengeschustert)!



Wenig überraschend werden alle Medien (vor allem: Filme, Fernsehen, Computerspiele) praktisch ausschließlich am Computer gebastelt. Selbst solche Formate die noch echte Schauspieler beinhalten, betrachten die Aufnahmen nur als "Rohmaterial" aus dem später am Computer ein Film gebastelt wird. Wie viel "Wirklichkeit" es ins fertige Produkt schafft, schwankt. Aber es ist weniger als man glauben möchte.
Besonders kritisch sind virtuelle 3D Modelle: jedes Haus im Hintergrund, jedes Monster, und manchmal sogar die Kleider der Schauspieler sind zunächst einmal ein Haufen Dreiecke im Rechner eines Artists (neu-Deutsch für Mediengestalter).
Und wie arbeiten die mit diesen virtuellen Objekten und Figuren?
Nicht viel anders als jeder Bürohengst seine Excel-Tabellen quält: mit Maus und Keyboard und tausend Fenstern und Graphen und und und - kurz: auf grausigste Art und Weise!


 Das sehen Medien-Schöpfer so den lieben langen Tag, und die Tage sind für Medien-Schöpfer meist länger als ihnen lieb ist.

So manch einer Denkt da mit Wehmut an die gute alte Zeit zurück.
Ja damals, da waren die Monster noch ECHT!
Also nicht echt ECHT, aber zumindest physisch als Puppen vorhanden.
Die hat man so Stückchen für Stückchen bewegt und damit eine Bewegung vorgegaukelt.
Stop-Motion nannte man das.
Das hatte zwar 1000 Nachteile, aber immerhin konnte man seine Figur vor sich sehen, und direkt bewegen. Und nicht mit der Maus Zahlen herumschubsen.


Tjaa, wenn man doch nur die virtuellen Figuren irgendwie in die Realität bringen konnte!

KANN MAN ABER NICHT! Ende! Danke fürs lesen.





Okay, kann man doch!
Das Zauberwort heißt "Augmented Reality", also die Technik virtuelle Gegenstände in der Realität sichtbar zu machen. Dazu braucht man eine Kamera und einen Monitor (der Einfachkeit halber gleich in einem Smartphone oder einer Brille untergebracht). Der Computer baut dann ins laufende Video der Realität zusätzliche Objekte ein die gar nicht da sind (vergleiche: Halluzination. Aber mit ihrem Smartphone sprechen sie ja auch schon mit Menschen die gar nicht da sind...).



Was ich also baue ist ein System, mit dem Media-Artists ihre Schöpfung wieder vor sich auf dem Schreibtisch sehen und mit den Händen bewegen und bearbeiten können.
("Anfassen" ist etwas weit gegriffen, weil: fühlen kann man die Dinger nicht).

Die Forschung dreht sich vor allem zwei Dinge:

1.: Was ist ein gutes User-Interface für das Arbeiten mit virtuellen Figuren. Etwas das bequem, effizient und zuverlässig ist.
Das kommt nachher.

2.: wie zur Hölle kriegt man die 3D-Software (nicht von mir, sondern dasselbe das die Artists verwenden) dazu, brav Augmented Reality zu spielen?
Das bereitet gerade Kopfschmerzen.

Also: echte Kopfschmerzen und Übelkeit, weil: ständig flackernde, verzögerte, kaputte Stereo-3D Bilder anzuschauen um die Fehler zu finden erzeugt sogenannte "Cyber-Sickness".
Und da ist das provisorische 4Kilo-Headgear das mir um die Ohren baumelt und 3000€ kostet wenn's runter fällt noch gar nicht eingerechnet.

Es gibt also noch reichlich Raum für Verbesserung.


Ja, das ist Geschenk-Band dass das Ganze zusammenhält. German Engineering!

Mittwoch, 28. November 2012

Schöner rotten

Kirschblüten-schauen kennt man ja.
Doch weil das nur einmal im Jahr geht, haben sich die Japaner ein Gegengewicht ausgedacht:
dieselben Bäume die man im Frühling beim blühen bestaunt hat, kann man im Herbst nochmal beim Lauben bestaunen: Momiji!
Da denkt man sich: blühen schon und gut, aber warum soll ich mir verrottendes Blattwerk anschauen.
Doch hier gibt es die berühmte "Ganbarimasu!"-Mentalität, und da strengt sich sogar das Herbstlaub nochmal so richtig an gut auszusehen.
Mit Erfolg.












Sonntag, 18. November 2012

ÜBER-nachten

Shüüden - der letzte Zug! Der gnadenlose Richter der die Nacht entscheidet. Gehen oder bleiben, rechtzeitig erreichen oder verpassen. Und dann, WAS?
Taxi? Hah, warum nicht gleich mit dem Geld ein wärmendes Feuerchen machen?
Dann doch lieber noch einen Trinken gehen und entscheiden, welchen Plan B man heute aus dem Ärmel schüttelt, um die Nacht nicht nur zu überleben, sondern so richtig ÜBER zu leben...




 Capsule Hotel:
Sinnbild japanischer Lebenskultur: die Massen an Anzugtragenden Bürohengsten müssen erst ewig Überstunden drücken, dann noch mit dem Chef saufen gehen, und so kommen sie natürlich nicht mehr zurück zu ihrer Familie und müssen in einer Kapsel schlafen, nicht viel größer als ein Sarg.
Tatsächlich sind Capsule-Hotels am ehesten mit Jugendherbergen zu vergleichen: statt ein Zimmer allein zu haben, teilt man sich die Stockbetten mit anderen Gästen (so etwa 50). Nur dass die Schlaf-Kapseln etwas mehr Privatsphäre und Komfort bieten. Meist sind ein Fernseher, Radio und Wecker in die Wand eingelassen.
Abgesehen von dem minimalen Schlafraum (Menschen ab 185cm Länge oder 1m Breite haben ein Problem) sind die Capsule-Hotels oft sogar ziemlich gediegen: manche haben ein japanisches Bad, Sauna und Aufenthaltsräume mit Büchern, Zeitschriften und Comics.
Es gibt sogar Capsule-Hotel-Fan-Reviews, die den Kapsel-Fans verraten wo die schönsten Hotels sind.



Karaoke:
Die Jugendlichen und Jung gebliebenen sagen gern: wenn wir den letzten Zug verpasst, dann gehen wir halt in die Karaoke-Box! Die ganze Nacht? Die ganze Nacht!
Haben sich Japaner evolutionär weiterentwickelt und können jetzt alternativ zum Schlaf auch 5 Stunden Schnulzen schmettern?
Nein, die kleinen privaten Räume sind einfach billige, klimatisierte Räume, in denen man wegratzen kann.
Man kann die Karaoke-Box darin zwar nicht abschalten, aber leise drehen. Und wer bei sich ewig wiederholenden Werbe-Jingles nicht schlafen kann ist kein echter Japaner!
Alternativ kann "Karaoke gehen" aber auch etwas anderes bedeuten: wegen der relativ guten Privatsphäre haben Pärchen (und solche die es werden wollen) endlich die Gelegenheit zum ausgiebigen Knutschen - was in der Öffentlichkeit für Japaner nicht wirklich eine Option ist.



Manga-Cafe:
Da viele Jugendliche in Japan kein eigenes Zimmer haben (oder aus anderen Gründen möglichst viel Abstand zu ihren Eltern halten), haben sich neben den Game-Center (Spielhallen) die Manga-Cafes (Comic-Bibliothek) entwickelt. Hier kann man abhängen, Comics lesen, DVDs schauen, im Internet surfen und sein Handy wieder aufladen. Entweder man bekommt einen normalen Sessel zugewiesen (wie im Internet Cafe), oder mietet sich ein privates Abteil.
Und nachdem Japaner geübt darin sind einfach überall einzuschlafen, stört es sie auch gar nicht so die Nacht zu verbringen. Toiletten und Getränke-und-Essensautomaten gibt's ja sowieso...
Das ist so ein Erfolgskonzept, dass sie mittlerweile sogar Duschen, Pärchen-Räume und Solarien-Betten gibt (hier ist mir der Sinn nicht ganz klar, denn für Japaner gilt es als schön möglichst blass zu sein).
Das ist also ein Hotel, ohne ein einziges Bett, dafür mit Regalen voller Comics und DVDs. Und so kann man für 15€ schonmal die Nacht rumbringen.
Einen unguten Beigeschmack hat die Sache aber doch: kleine Separees mit bequemen Sesseln und große Auswahl an Pornos... vielleicht möchte man doch lieber der erste sein, der diese Nacht das Abteil verwendet...



Love Hotel:
Japanern mangelt es an Privatsphäre: durch die beengten Wohnverhältnisse ist so etwas wie "das eigene Schlafzimmer" und "solide, schalldichte Wände" reines Wunschdenken.
Gleichzeitig mangelt es ihnen am Willen, ihre sinnlichen Erfahrungen mit den Kindern, Eltern oder Nachbarn zu teilen. Zur Rettung gibt es: die Love-Hotels. Hotels, die keine Reservierung nehmen und nur kurzfristig, anonym und zeitlich begrenzt gemietet werden können.
Da sie auch für ganz normale Eheleute die einzige Option darstellen mal wieder neue Japaner zu produzieren (ihr wisst schon: Geburtenrate und Überalterung) haben Rabu-Ho (mit dem 'L' hapert es hier bekanntlich, und was mehr als 4 Silben hat muss nochmal abgekürzt werden) keinen schlechten Ruf und gelten auch nicht als verrucht.
Normalerweise haben Love-Hotels zwei Optionen:
1: "Ausruhen" für einige Stunden gibt es ab 20€ (wenn jemand danach ausgeruht ist, ist etwas schief gegangen).
2: "Übernachten" gibt es zwischen 60€ und 80€. Da lassen die Hotelbetreiber sich auch nicht lumpen: von der Einweg-Zahnbürste über das Duschgel bis hin zu Kaffee und Tee-Beuteln nebst Wasserkocher ist alles da was man erwarten kann.
Erinnert einen eigentlich nichts daran, dass man nicht in einem normalen Hotel untergekommen ist.
Außer den vielen Spiegeln. Und dem einseitigen Fernsehprogramm. Und den Badezimmerwänden aus Glas. Und den versiegelten Fensterläden. (Hä, so spät schon? Ist doch noch dunkel draußen..!)
Achso: Kondome gibt es natürlich auch. War wieder nix mit der Geburtenrate!

Da könnte man glatt auf die Idee kommen: wenn man sonst kein Hotel mehr bekommen hat (oder zu faul zum reservieren war) könnte man auch mal allein im Lovehotel unterkommen.
Falsch gedacht. Singels sind unerwünscht und werden wieder weggeschickt.
Warum ist nicht klar - schließlich zahlt man. Aber Japaner hassen jede Art von Fehlbenutzung.
Oder vielleicht glauben die Hotelbetreiber nur, dass der blöde Ausländer mal wieder nicht kapiert hat worum es hier geht...
Ein (bisher noch ungetesteter) Tipp ist, eine große dunkle Tüte mitzunehmen und dem Personal anzudeuten, der Lebensabschnittsgefährte sei aufblasbar...
Aber natürlich macht es schon rein preislich mehr Sinn sich ein Zimmer zu teilen.
Was sie wohl zu Dreier- oder Vierergruppen sagen würden....?


Mittwoch, 7. November 2012

Direkt höflich

Und da sagt mir die Frau an der Kasse doch direkt ins Gesicht: "Ich empfange dann mal dass sie noch etwas warten." Immer so höflich diese Japaner.

 Es ist natürlich nicht fair, Deutsche Umgangsformen auf Japan anzuwenden, oder japanische Phrasen eins-zu-eins ins Deutsche zu übersetzen. Aber interessant ist es doch:
wollen wir uns im Deutschen höflicher ausdrücken, so fangen wir an immer indirekter zu sprechen, bis der Satz irgendwann keinen Sinn mehr ergibt.
> Bitte geben sie mir das Handtuch.
> Würden sie mir bitte das Handtuch geben.
> Dürfte ich sie bitten mir das Handtuch zu geben?
> Ist das jetzt schon die Bitte oder fragen sie noch ob sie bitten dürfen?

Wir verwenden aber dieselben, normalen Worte, und greifen nicht zu geschwülstigem Vokabular.
Japaner machen es umgekehrt: der Satz bleibt gleich, aber die Worte werden nach und nach durch immer höhere Ebenen der Höflichkeit geschraubt, ohne dass sich ihre Bedeutung ändert.
> Bitte geben sie mir das Handtuch.
> Bitte reichen sie mir das Handtuch.
> Ich bitte um das ehrwürdige Reichen des Handtuches.
> Ich erbitte die erhwürdige Dareichung des Handtuches.
Das ganze schraubt sich in solche höhen, dass Japaner selbst nicht mehr so genau Bescheid wissen.
Kürzlich musste eine Freundin bei meinem höflichen "Ich-stell-mich-mal-eben-vor" Monolog doch kichern. Sie meinte in ihrem Leben noch nie das Wort "benannt" verwendet zu haben. Dabei wurde uns im Sprachunterricht eingeschärft, dass das "heissen" in "Ich heisse Max" manchmal nicht höflich genug ist...
Scheinbar doch.



Manchmal ist es nicht einmal mehr nötig, die Form zu wahren. Auf einen Zustand hinzuweisen beinhalten bereits die dazugehörige Aussage.
"Das war böse von mir" oder "Ich war böse." sind vollständige Entschuldigungen. Als Deutscher hätte ich immer gerne noch gehört, dass es ihnen auch Leid tut, dass sie böse sind - ein bisschen wenigstens. Sagen sie aber nicht mehr.
"Ich habe keine Entschuldigung!" sagen sie. Dass ist besonders höflich das direkt zuzugeben und keine Ausrede vorzuschieben. Aber mir würde es durchaus mehr zusagen, wenn sie sich wenigstens eine kleine Notlüge einfallen lassen würden - wisst ihr: damit man sieht dass sie es versucht haben.



Wenn man vor einer schwierigen Aufgabe einem Deutschen gerne "Viel Glück" wünscht, sagen sich die Japaner: "Streng dich an!"
Das ist nicht abwertend gemeint, sondern Ausdruck japanischen Leistungsdenkens.
Hat man sich dann richtig schön angestrengt, sagt man zu einander nicht etwa: "war mir eine Ehre" oder "GottSeiDankistderScheißvorbei", man sagt "das war richtig schön anstrengend".
Worauf die, die noch bleiben antworten: "Ja, ist richtig schön anstrengend", und sich noch etwas anstrengen...


Montag, 29. Oktober 2012

Studenten-JetSet

"Mags't net nacher noch vorbei kommen? Wir machen ein Sprachaustausch-Meeting..."
"Wird schwierig..."
"Wieso?"
"Weil ich in Korea bin."
"Äh was?"
Man sagt ja immer: die Welt ist klein geworden, seit es das Internet gibt.
Das funktioniert natürlich nur virtuell. Wenn jemand nicht auf Facebook seine Abschieds-Party ankündigt kann es schonmal passieren, dass man sich - ohne es zu merken - monatelang mit Leuten unterhält, die schon gar nicht mehr da sind.
Und "nicht mehr da sein" passiert häufig, denn alle Austauschstudenten haben bereits bei der Ankunft ein Verfallsdatum von: wie lange dieses Austauschprogramm halt so läuft.


Es gibt hier die Bezeichnung "Internationals", was "Ausländer und Japaner mit Auslandserfahrung" bezeichnet, aber auch ein spezielles Lebensgefühl beschreibt.
Man hat Freunde von jedem Erdteil, hört Geschichten aus aller Herren Länder und diskutiert über die Bräuche verschiedenster Regionen - eben ganz "International".
Wer mit Geschichten von James Bond und dem Jet-Set der Welt aufwächst, aber bis zum Studium immer in derselben Stadt gelebt hat (also: jeder), lässt sich von dem neuen Gefühl der internationalen Lebensweise schnell verführen.
Was sind schon Grenzen, die ganze Welt ist unser Zuhause. Heute Monaco, morgen London, übermorgen Rio...
Das ist natürlich reine Illusion. Die meisten kommen, fliegen vielleicht zwei, drei mal in den Urlaub oder zu einer Konferenz, und gehen dann wieder (oder bleiben für immer). Da hat jeder Durchschnittstourist mehr Auslandserfahrung. Aber der Tourist war halt nur zum Spaß da, und hat es nicht zum Teil seines Lebens gemacht.
Besonders in Japan, wo es schwierig sein kann Kontakte mit Eingeborenen zu knüpfen, entsteht so schnell ein "wir" Gefühl. Ein bunt gemischter Haufen der sich nicht um Landesgrenzen schert, aber gern auf die eigene Kultur und Herkunft verweist - solange es die Unterhaltung vorantreibt oder zum kennenlernen taugt.
Überhaupt ist "Gaijin" zu sein hier das ultimative Bindeglied. Kennt man auf einer Party niemanden, findet man bei den Ausländern immer Anschluss, nur weil man auch Ausländer ist. Gesprächsthema braucht man auch nicht. "Where are you from?" ist der Universal-Eisbrecher.



So hat man sich schnell mit Leuten aus allen Teilen der Welt angefreundet. Der Ingenieur aus China, der Finnische Nerd, die Erziehungswissenschaftlerin aus Papua-Neuguinea...
Das Gefühl "über den Grenzen und politischen Problemen zu stehen" erzeugt auch ein auffällig spannungsfreies Umfeld. Ganz unaufgeregt unterhält man sich über Themen, über die andernorts noch vor 10 Jahren Kriege geführt wurden. Die berüchtigten Reibereien wegen kultureller Unterschiede in Verhalten oder Wortwahl gibt es nicht.

Wenn man darüber nachdenkt ist es sogar ein bisschen traurig: man hat die Sammlung der aller Kulturen der Welt, und doch ist der Unterschied zwischen den Leuten was Werte, Weltanschauung und Gepflogenheiten angeht verschwindend gering.
Kultur-Schock, das war einmal.




Die Gefahr für viele ist natürlich sich nur in diesem Kosmos der "Internationals" zu bewegen, und dabei das Land völlig zu verpassen.
Manche leben schon seit Jahren hier, ohne Japanisch zu sprechen oder japanische Freunde zu haben - außer natürlich "International"-Japaner, die selbst zu "Internationals" geworden sind.

Das Gefühl der Gemeinsamkeit wirkt umgekehrt abschottend zum Rest der Gesellschaft. Ob im Labor, in der Turnhalle, in der Bar: oft bilden die Ausländer ihr eigenes Grüppchen, und die Japaner sagen nur Hallo, wenn sie ihr Englisch trainieren wollen.
Oft habe ich diese bi-lingualen Gespräche geführt, in denen die Japaner mit mir gebrochen Englisch sprechen und ich gebrochen Japanisch antworte. Jeder zu stur um seine hart erarbeitete Position ("ich habe doch nicht umsonst 3 Jahre gebüffelt!") aufgeben zu wollen...


Sonntag, 14. Oktober 2012

Code-Brecher

Man lässt sich nur so lange verarschen, so lange bis es reicht. Dann nimmt man sie Sache selbst in die Hand. Man sieht sich das Problem an, und man tut, was immer man muss um es zu lösen. Das, oder man gibt einfach gleich auf.

Und das Problem war: Japanisch. Echtes Japanisch. Gesprochenes Japanisch.

Zwar kann ich im Unterricht über havarierte Atomkraftwerke diskutieren, am Amt meinen Umzug abwickeln und mich mit Japanern über Tod und Teufel amüsieren, aber sobald ich den Fernseher anmache, sobald ich einen Comic sehe, sobald zwei Japaner untereinander reden, stehe ich verwundert da und frage mich, was für eine Sprache das sein soll. Ich verstehe wirklich kein einziges Wort. Als wäre das "Schulbuch-Japanisch" eine reine Fantasie-Sprache, die man sich nur ausgedacht hat, damit man sie Ausländern erzählen kann.
Denn selbst wenn man sie explizit fragt, können oder wollen sie einem nicht erklären wie sie sprechen. Man bleibt ewig außen vor...

Aber nicht mit mir! Ich bin Informatiker!


Versteht man den Code nicht, so braucht man nur lange genug codiertes Material analysieren, die Muster erkennen, und Schritt für Schritt rekonstruieren wie die Codierung funktioniert.
Man braucht nur genug Material, und das ist hier leicht zu beschaffen.
Und so war meine Aufgabe definiert: breche den Code, den Code der japanischen Sprache...






1.: Replay-Attacken:
Man schnappe einen Fetzen Information auf, und reproduziere ihn - ohne ihn vollständig zu verstehen - in verschiedenen Situationen. An der Reaktion kann man auf die Bedeutung und korrekte Verwendung schließen.
Mädchen A: "Kommst du mit?"
Mädchen B: "Un, iku wa yo!" [RECORD]
...
Mann C: "Und, kommen sie noch mit?"
Ich: [PLAY] "Un, iku wa yo!"
Allgemeines Gelächter.
Ich: "Was ist los?"
Mann C: "Sie sprechen wie eine Frau!"
Das "wa" ist also Frauen vorbehalten. Speichern und fortfahren.





2.: Statistische Analyse:
Interviews haben den Vorteil, dass sie gesprochene Sprache in gedruckter Form sind. Man kann sich also Zeit lassen und ganz in Ruhe Satzteile suchen, die besonders oft vorkommen. Je höher die Frequenz, um so mehr muss es sich um einen gängigen Ausdruck handeln, zumindest in diesem Kontext.
Im Kontext zwischenmenschlicher Beziehungen verwenden Girl-Group-Sängerinnen (mein Referenzmaterial, da ubiquitär vorhanden) vor allem das Wort "Naka", was ich eigentlich nur als "innen" kenne. Es scheint aber der gängige Ausdruck zu sein, um Beziehungen zu beschreiben. Ich füge ihn zu meinem Lern-Vokabular hinzu.
Am selben Abend soll ich eine Studentin zum Bahnhof bringen. Wie unterhalten uns über alte Freunde und Ex-Freunde.
Sie sagt, das Naka zu ihren Ex-Freunden sei ziemlich gut.
Mein Gehirn setzt einen Moment aus.
Noch vor 12 Stunden hätte der Satz: "Also dass Innere meines Ex-Freundes ist eigentlich noch ganz gut" mir nur wenig hilfreiche Assoziationen beschert.
Jetzt sage ich: "Ja, das Innere meiner Ex-Freundin ist auch voll gut. Wir plaudern regelmäßig."





3.: Trainieren Neuronaler Netze:
Das Fernsehen hier hat manchmal Untertitel für Gehörlose, was das Verständnis deutlich erleichtert. Aber es ist immer noch zu schnell. Also Leihe ich mir DVDs mit japanischen Untertiteln aus, gehe sie Stück für Stück durch, und extrahiere Sätze die ich für relevant halte. (Ich verwende dafür Dramas, weil: Alltagssprache).
Dann lerne ich die gesamten Sätze auswendig, ausgehend von Aussprache, Betonung und Kontext im Film.
Und so sitze ich im Bus, schiele auf mein Smartphone und murmle leise Sätze vor mich hin.
Sätze wie:
"Die offensichtliche Antwort ist selten die richtige."
oder
"Gib nicht immer anderen die Schuld!"
oder
"Das ging ja mal nach hinten los"
oder
"Der gehört mal so richtig der Hintern versohlt!"

Und ja: ich murmle extra leise.





4.: Modularisierung und Debugging:
Um nicht nur das grobe Verständnis sondern auch die korrekte Nutzung zu analysieren ist es notwendig dasselbe Muster immer wieder in unterschiedlichen Situationen zu reproduzieren, und korrigiert zu bekommen.
Das dauert zu lange und meist sind die Leute zu höflich um einen auf Fehler aufmerksam zu machen.
Ich mache eine Facebook-Sprachaustausch-Gruppe auf.
Ich suche mir interessante Satzmuster, die ich zu verstehen glaube.
Ich baue Beispielsätze und stelle sie zusammen mit Deutschen Übersetzungen online.
Die Japaner lernen Deutsch und korrigieren meine Verwendung des Satzmusters.
Um sicher zu gehen, dass das Zeug auch gelesen wird, salze ich meine Sätze:

> Satzmuster: "Abhängig von ..."
> Beispielsatz Nr. 6: "Abhängig davon ob du noch Geld hast können wir auch noch einen saufen gehen"

> Satzmuster: "Nur weil X heißt das noch nicht, dass Y"
> Beispielsatz Nr.7: "Nur weil er gut aussieht heißt das noch nicht, dass er auch Erfolg bei Frauen hat."

> Satzmuster: "... musste einfach [X tun]."
> Beispielsatz Nr.5: "Ich war so hungrig, ich musste einfach das ganze Schwein essen."



Ich lehre nur feinstes Deutsch!
Wünsche euch viel Spaß diese Japaner dann mal in Deutschland zu treffen!

Sonntag, 30. September 2012

Wie wir uns trennen

"Achso, ja, und den Müll, den schmeißen Sie einfach auf die Straße."
"Ähh, wie bitte?"
Als ich meinen Wohnungsschlüssel für meine temporäre Bleibe in Osaka abholen ging war ich ja auf dickes Ende vorbereitet. Versteckte Zusatzgebühren oder sowas. Kam aber nicht. Ganz im Gegenteil.
"Es gibt keine Müll-Sammelstellen. Stellen sie ihren Müll einfach an den entsprechenden Tagen an den Straßenrand."
"Ah, verstehe.", sage ich, wie ich es immer sage wenn ich gar nichts verstehe und einfach nur will dass das Thema endlich weg geht.
Müssen wohl wieder zig neue Wörter sein, die einfach nur so klingen wie "Müll" und "Straße".
Das werde ich bei Zeiten schon irgendwie herauskriegen wie das ist.
Tu ich auch.
Kaum einen Tag später stehen am Straßenrand überall kleine Häufchen aus Säcken.
Keine Markierung, was wessen Müll ist.
Nichtmal richtige Müllsäcke: das meiste wird direkt in den Einkaufstüten entsorgt, in denen es gekauft wurde.
Auch keine sichtbare Trennung was da gerade weggeworfen wird. Papier, Plastik, Essensreste...
Eine Krähe pickt ein Stück Toastbrot aus einem der Säcke.
Irgendwann kommt dann ein kleines Müllauto, die Säcke werden aufgelesen und in die Presse geschleudert. Mit lautem Knacken verschwindet der Müll im Bauch des Fahrzeuges.



"Jaaaa! Osaka ist soo super!", freut sich eine Freundin, hier geboren, nicht ganz ohne Lokal-Stolz.
"Osaka ist echt freundlich, was den Müll angeht!".
"Aber doch nicht ganz Osaka - im Studentenwohnheim haben wir doch immer brav getrennt."
Trennen bedeutet in Japan für gewöhnlich: "brennbaren" und "nicht brennbaren" Müll zu unterscheiden. Manchmal werden Getränkedosen und PET-Flaschen nochmal extra gesammelt.
"Ja, aber das ist Suita. In Osaka-City gibt es das alles nicht! Toll, oder?".
Ich verstehe nicht ganz warum das ein Grund zur Freude ist. Mich treibt mein schlechtes Gewissen des Nachts wie einen Dieb um die Häuser, als ich versuche wenigstens die PET-Flaschen und das Alu heimlich bei den Supermärkten und Bahnhöfen in die getrennten Mülleimer zu verteilen.
(Haben die gar nicht gern, wenn Leute ihren Hausmüll zu ihnen tragen...)
Der Gedanke, dass die ihrerseits einfach den ganzen Müll gesammelt an den Straßenrand werfen kommt mir nicht.



Das türkische Mädchen verzieht gereizt die Mine. Sie ist von Suita nach Toyonaka gezogen und damit drakonischen Müllvorschriften unterworfen. Dass sie den Müll in 5 Kategorien trennen soll kann sie ja noch verkraften, aber die unchristlichen- Pardon: unislamischen- nein eher: unstudentischen Zeiten zu denen sie den Müll loswerden kann bringen sie an den Rand der Verzweiflung. Nachdem alles was vor 11Uhr Vormittag passiert für sie "mitten in der Nacht" ist, hat sie schon öfters den einzigen Termin in der Woche verschlafen, an dem sie ihren Müll hätte an den (Müll-)Mann bringen können. Das Zeug stapelt sich also noch eine Woche - kein Spaß bei so beengten Wohnverhältnissen.



Mittlerweile bin ich dem Wahnsinn entkommen und an den Campus draußen auf dem Land gezogen.
Hier hat jedes Haus des Studentenwohnheims seine eigenes Müllhäuschen.
Mit Müllhäuschen meine ich nicht die Vorstadt-Idylle-Variante, sondern mannshohe gelbe Käfige, mit verschiedenen Ecken für verschiedene Sorten Müll.
Teilweise stehen zwei davon auch direkt nebeneinander. Hier wird also der Müll nicht nur nach Art getrennt sondern auch streng nach Haus - obwohl alle Häuser zum selben Wohnheim gehören.

Aber Hauptsache ich kann wieder mit ruhigem Gewissen aus PET-Flaschen und Dosen trinken...

Freitag, 21. September 2012

Ein Kanpai der Gemütlichkeit.


Im Jahre 1889 fuhr eine Japanische Delegation von Osaka nach München mit einer für die Zukunft Japans entscheidenden Mission: das Geheimnis des Bieres zu lüften!
Sie handelten mit der Löwenbräu Brauerei einen Deal aus, ergründeten die hohe Braukunst , gründeten in Suita die Firma "Osaka-Bier" und verkauften von da ab Löwenbräu in Japan.
Schließlich wurde die Firma in Asahi umbenannt und verkauft heute noch...

Halt! Halt! Bevor ihr jetzt zur nächsten Bar rennt und versucht das teuerste Pseudo-Löwenbräu eures Lebens zu bestellen...
Asahi ist kein Löwenbräu! Es ist nichtmal Bier.
Ich sage das nicht aus Bosheit sondern sondern mit Blick auf das Deutsche Reinheitsgebot. (Und den Geschmack, Muha har har).
Asashi braut zwar tatsächlich noch Löwenbräu-Bier (in Lizenz und unter Aufsicht), aber das "Asahi Super-Dry" Bier in den bekannten silbernen Dosen wird mit Reis gebraut.
Wie so ziemlich alle Japanischen Biersorten. Das einzige echte Bier hier ist Yebisu - was natürlich auch gleich das teuerste ist.


Wenn man die Asahi-Brauerei besichtigt, darf man nach der Führung für 15 Minuten soviel "Super Dry" und "Löwenbräu" trinken wie man will. Wenn man natürlich schon um 3 Uhr hingeht ist der Tag dann auch gelaufen...


Auch sonst nimmt man die Bierkultur hier nicht so genau.

Um die Ecke von meiner (temporären Bleibe) gibt es einen "Bierkeller" mit Namen "Traum":

- der "Keller" befindet sich im ersten Stock
- die Einrichtung erinnert eher an Haute-Cuisine als an "Gemütlichkeit"
- der Obazda schmeckt nicht nach Obazda und wird auf Baguett gestrichen serviert
- zur Weißwurscht keinen süßen Senf
- in der Weißwurscht keine Weißwurscht, sondern graues Hack

Nach längerem Verhör gesteht der Wirt dann auch selbst noch nie in Deutschland gewesen zu sein.

Naja, für das Radieserl bekommen sie nochmal einen Bonuspunkt. So schön geschnitzt....


Bitte beachten sie auch den Dackel-Stäbchenhalter. Zumindest die Klischees werden hier erfüllt.

München hat die Wiesn, Osaka sogar zwei Oktoberfeste.
Die finden sogar - ganz dem Original entsprechend - im September statt.
(Eines davon netterweise in Laufweite meiner Wohnung.)
Dieses ist sogar ziemlich authentisch - von den fehlenden Fahrgeschäften mal abgesehen.
Egal: bei 10€ die Halbe trink ich eh net genug um Achterbahn fahren zu wollen.


 Nein, ich war nicht alleine da, aber ich war der einzige der so fesch angezogen war.
Außer der Band, die (wenn sie nicht gerade in München aufspielen) seit 15Jahren Asien betourt.

Donnerstag, 6. September 2012

Mehr als nur fließend、geradezu dickflüssig

Da hab ich net schlecht blöd geschaut, als ich zum ersten mal selbst die Übersetzung nicht verstanden habe.
Für gewöhnlich sind die Übersetzungen und Vokabel-Listen die man bekommt auf Englisch. Kein Problem, normalerweise.
Doch es kam der Tag, an dem mein Japanisch klammheimlich an meinem Englisch vorbei geschlichen war, und ich jetzt ein Japanisches Wort lernen sollte, dessen Bedeutung mir nicht mal im Englischen bekannt war.

Das Wort war: 通う kayou : "to commute".
Und ich dachte so ganz still bei mir: was zur Hölle soll denn "commute"n sein? Und ich musste tatsächlich nochmal im Wörterbuch nachschlagen - nämlich im Deutsch-Englisch Wörterbuch - um zu verstehen: das ist das "Pendeln" das man zwischen Arbeitsplatz und Wohnung so gerne macht.




Das ist jetzt zwei Jahre her.
Von da an ging es steil Bergauf. In immer neue Sphären der sprachlichen Raffinesse.
Darunter fließt der Kauderwelsch dessen, woraus eine Sprache eigentlich so zu 90% besteht: Umgangssprache.


Als ich dieses Jahr zurückkehrte und zum ersten mal längere Gespräche führen konnte wunderte ich mich über ein ständig wiederkehrendes Wort, das scheinbar "weshalb?" bedeutete, aber einfach nicht "weshalb?" war.
Ich musste einfach fragen....
"Ja, das ist bedeutet schon dasselbe, aber 'weshalb' klingt zu förmlich."

Ich hatte endlich das "warum" entdeckt...!





Besonders viel Spaß machte mir der Grammatik-Unterricht.
Statt langer Erklärungen wie man Sätze baut, bekamen einfach einen großen Packen Beispielsätze in feinstem Business-Japanisch. Darin fanden sich dann so Perlen wie:
召集 shoshu : convening : Einberufung (des Parlaments)
主食 shushoku: staple food : Hauptnahrungsmittel
年功序列制度 nenkojoretsuseido: seniority system : System der auf Dienstzeit basierenden Beförderungen.
渡り鳥 wataridori : migratory bird : Zugvogel
 Ja, irgendwann wusste sogar das Deutsch-Englisch Wörterbuch nicht mehr so recht weiter:
公定歩合 koteibuai : official bank/discount rate. Wenn man die Wikipedia-Artikel liest könnte man meinen, das wäre der Leitzins (die ersten Leser fragen sich schon was zur Hölle nochmal der Leitzins war), die im Englischen aber "Prime Rate" heißt. Wenn man etwas weiter liest und den Referenzen folgt, kommt man darauf, dass das ganze in Europa "marginal lending facility" also "Spitzenrefinanzierungs-Fazilität" heißen könnte.
Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: ich lerne Japanische Wörter deren Bedeutung ich nicht mal im Deutschen verstehe!

Ich wünschte es gäbe Unterricht in Kauderwelsch...



P.S.:
Die Lehrerin wusste auch nicht, was das eigentlich sein soll.
Gott weiß warum sie den Satz ausgesucht hat.

Donnerstag, 30. August 2012

Bye, bye Pustefeld

Zeit für ein Geständnis:
Zwar behaupte ich immer dreist in Osaka zu wohnen und an der Osaka-Uni zu studieren, doch das ist zu 47% gelogen.
Tatsächlich wohne ich im Vorort Suita, und habe an der Osaka-Uni nur einen Vollzeit-Sprachkurs besucht.

Ich habe ja probiert die Wahrheit zu sagen, aber die Wahrheit verwirrt und enttäuscht die Leute:

"Und was machst du so?"
"Ich studiere bald am Nara Dingens Institut."
"An der Nara-Uni?"
"Nein am Nara Institut für Dingens und angewandtes Zeug"
"Nie gehört. Du wohnst also in Nara?"
"Nein ich wohne in Suita."
"Wo...?"

Zurückspulen...

"Und was machst du so?"
"Ich studiere an der Osaka-Uni"
"Whoa, krass! Du musst ja voll Elite sein! Und du wohnst hier?"
"Ja, 10 Minuten von der Uni"
"Boah! Voll praktisch!"

Warum war es Zeit für das Geständnis?
Weil der Sprachkurs vorbei ist und ich wegziehe. Damit wäre es jetzt 100% gelogen, was dann auch für mein eher entspanntes Verhältnis zur Wahrheit (geradezu kollegial) etwas zu dreist wäre.
Also ist meine Standart-Version ab jetzt für den nächsten Montat (Sommerferien):
"Ich wohne in Osaka und bin Arbeitslos, bekomme aber reichlich Geld vom Staat."
Auf die Reaktionen bin ich schon gespannt.

Derweil beende ich dann mal dieses Kapitel meines Japan-Aufenthaltes mit etwas, dass ich schon die ganzen 5 Monate zeigen wollte:
Impressionen aus meinem (jetzt nicht mehr) Alltag.

Machs gut, Pustefeld!
("Sui"=吹=pusten, "Ta"=田=Feld)





 
Mein Zimmer im Studentenwohnheim.
Mit ausgestreckten Armen konnte ich beide Wände gleichzeitig berühren.


 
Mein Zimmer von Außen, aus meinem privaten Garten.


 
Kaputte Fahrräder am Wegesrand sind hier häufiger, ein Mova eher die Ausnahme.
Das Neben-Tor zum Campus.
Im Gegensatz zu den beengten Wohnverhältnissen sind Unis und Industiegebiete stets sehr großzügig im Platzverbrauch.
Die Turnhalle am Campus. Darin: die vielleicht dreckigsten Örtlichkeiten in ganz Japan.
Jedes Bahnhofsklo ist ein Spa dagegen.
(Allerdings sind in Japan die Bahnhofsklos auch Weltklasse)

Ich glaube das ist ein Kraftwerk.
Oder irgendetwas das verdammt viel Strom braucht...
Die Osaka-Monorail, unter der ich auf dem Weg zur Uni durchgefahren bin.
Eine Verkehrsbrücke, von der man auch in der Mitte nochmal runter kann.
Vor und hinter unserem Wohnheim wird gerade gebaut.
Den Baulärm hat man im Sommer aber kaum gehört, weil die Grillen so laut schreien.
Trotzdem haben wir Anzeigen wegen Ruhestörung bekommen.
Der Hintereingang zum Wohnheim.
Was nicht heißt dass man sich hier Ungesehen rein und raus schleichen könnte.

Donnerstag, 2. August 2012

Gegen den Strom

Letztens wurde hier in der Gegend das erste Atomkraftwerk wieder angeschaltet, trotz Demonstrationen, um der Energieknappheit noch zu entkommen.
Denn es droht der Stromausfall. Natürlich nicht einfach ein "upps, weg" Ausfall: die Japaner haben das natürlich genau durchgeplant, wo wann wie lange der Strom abgedreht wird, falls es nicht mehr für alle reicht.
"Für alle reicht" ist ein bisschen missverständlich.
Das klingt so nach "wir sind alle schon am Minimum, aber vielleicht ist unsere Arche einfach zu klein..."
Tatsächlich wird aber gar nicht gespart. Einfach nur Abgeschaltet.
So etwas wie ein "Bewusstsein für Stromsparen" existiert einfach nicht - also das Bewusstsein, dass man die abstrakte Welt der Nachrichten und politischen Diskussionen auf das hier und jetzt anwenden könnte.

Bei jedem unserer Lehrer kam früher oder später mal das Thema auf. Und alle Lehrer erklärten uns: ja, das ist ein Problem, da muss wirklich was passieren.
Im Klassenzimmer brannte das Licht und die Klimaanlage versuchte ihr bestes den verschwitzen Studenten eine Sommergrippe schmackhaft zu machen.
Keiner kam auf die Idee da einen Zusammenhang herzustellen...


Überhaupt sind die Japaner erstaunlich empfindlich gegenüber ihrem eigenem Sommerklima. Die tapfere "EaKon" (Air-Conditioning) muss die Räume kühl genug halten, um mit langen Hosen und Krawatte nicht ins Schwitzen zu kommen.
Das ist doppelter Aufwand, weil die Häuser praktisch nicht isoliert sind. Die meisten Außenwände und Fensterfronten bestehen aus Glas-Schiebe-Panelen. Das erinnert ein bisschen an Shojis und gibt dem ganzen einen japanischen Flair. Dichtgummis oder Doppelglas sind aber nicht drin, also ist das ganze eher zugig. Dafür hat dann einfach jedes Zimmer das größer ist als ein Schuhkarton zwei oder mehr Klimaanlagen. Die laufen auch gerne dann, wenn gerade mal keiner im Zimmer ist oder eh Türen und Fenster offen stehen.
23° ist die Temperatur der Träume. Im Sommer. Im Winter werden die Dinger gern auf 28° gestellt, weil: hör mal, 23° ist echt kalt!

Manchmal braucht man scheinbar eine Pause von der Frische: Gott sei Dank gibt es keine Klimaanlage auf den (Gemeinschaft-)Klos. Da kann man also noch so richtig schwitzen beim aber lassen wir das!
Die Klos haben elektrisch beheizbare Klobrillen (um zumindest ein bisschen dem Klischee zu entsprechen).
Und jedes mal wenn ich für kleine Ausländer gehe, sind die an!
Mir will ums verrecken nicht in den Kopf warum jemand bei 35° seinen Arsch beheizt bekommen muss. Und selbst wenn jemand Ein-Mann Sauna (mit Aufguss?) spielen muss, warum schaltet er das Ding danach nicht wieder aus?


Vormittags sitze ich allein Studierzimmer, weil es (im Gegensatz zu meinem Zimmer) auf der Ostseite liegt, daher mit geschätzten 28° angenehm erträglich. Hell genug zum lesen ist es auch.
Ich habe das Nirvana der Klimaneutralität beinahe erreicht, als ein japanischer Kommilitone den Kopf durch die Tür steckt, lächelnd "Guten Morgen" ruft, alle Lichter und beide Klimaanlagen anschaltet.
Sein Kopf verschwindet wieder hinter der zufallenden Tür.
Vielleicht holt er schnell seine Unterlagen und wollte den Raum schonmal "vor-kühlen" (und "vor-belichten"?)
Zehn Minuten vergehen.
Er kommt nicht wieder.
Mir ist kalt.
Ich schalte die Lichter und Klimaanlagen wieder ab.

Vielleicht sollten sie uns wirklich einfach mal den Saft abdrehen...

Donnerstag, 26. Juli 2012

Feiern um Verzeihung

Sommerzeit ist Fest-Zeit!
Heute:
Tennjin Matsuri

Sugawara no Michizane war ein bedeutender Politiker, Poet und Gelehrter im 9. Jahrhundert. Das fanden andere Politiker seiner Zeit nicht so toll und ließen ihn in die Provinz verdammen, wo er dann höflicherweise auch zeitnah starb. Nach seinem Tod hatte er dann viel Zeit um sich zu rächen, mit Stürmen, Blitzen, Überschwemmungen und was einem Toten sonst noch zu zur Verfügung steht.
Damit er damit aufhört wurde er zu einem "Gott der Gelehrtheit" ernannt, und von da an in vielen Schreinen verehrt, unter anderem den Tenman-Schrein in Osaka.
Und noch heute wird einmal im Jahr ein ein großes Fest gefeiert, mit Prozession, Booten, Feuerwerk und viel ungesundem Essen.


 
(Entschuldigung für die schiefen Videos, aber ich habe gerade kein Programm da, mit dem ich sie drehen könnte.)