Freitag, 30. März 2018

Boss (3)


Von da an beginnt die Doppel-Belastung Begeisterung: nicht nur muss ich mich ranhalten meine Forschungsarbeit voran zu bekommen, auch um den Prototypen bis zur Marktreife zu bringen bedarf extra Anstrengungen. Jede Design-Entscheidung wird nun mit der Frage unterlegt: "wenn andere Leute (mögliche Kunden) das Ding nutzen würden, wie müsste das dann gemacht werden?"
Dass macht alles etwas schwieriger. Leute außerhalb der Uni haben ja den ganzen Kruscht nicht, auf den ich hier Zugriff habe - und auch nicht die Geduld sich damit auseinanderzusetzen. Es muss also alles trotzdem funktionieren - ohne extra Hardware. Also keine speziellen Eingabegeräte. Muss auch mit der Maus funktionieren. Muss mit einem einzigen Mausclick zu installieren und zu starten sein. Muss auch auf allen anderen Versionen der benötigten Hardware und Software laufen. Koste es mich auch meine Wochenenden - ich muss es zum Laufen bringen...
Mehr als einmal will ich aufgeben: das kann einfach nicht gehen. Keine Chance. Game over. Diesmal gibt es keine Lösung. 
Jedes mal komme ich nochmal mit einer neuen Idee zurück. Jedes mal findet sich dann doch ein Weg. Nicht weil ein Wille da ist, sondern weil es keine Alternativen gibt.

Ironischerweise werde ich nie von einem User hören, der das Ding mit der Maus verwendet. Stattdessen werde ich den Maus-Modus für eine Studie verwenden, die mir den Doktortitel einbringt.




Sonntag, und ich gehe trotzdem ins Labor (da steht der ganze Kram ja rum den ich brauche).
Der Aufzug geht nicht.
Achja, da war ja was:
zweimal im Jahr wird bei uns am Campus alles abgestellt. Routineuntersuchungen.
Dann halt die Treppe in den 8tn Stock. Dabei fällt mir auf, dass es im Treppenhaus gar keine Notbeleuchtung gibt. Gut zu wissen, sowas, falls wirklich mal was passieren sollte.
Allein im Labor.
Ich setzte mich an die Arbeit.
Die Stunden vergehen.
Ich habe Durst.
Leitungswasser ist abgestellt.
Ich saufe den Wassertank aus der Kaffeemaschine leer.
Schmeckt etwas abgestanden.
Zurück an die Arbeit.
Stunden vergehen.
Der Notbook-Bildschirm dimmt sich - Strom ist weg.
Noch zwei Stunden Akkulaufzeit.
Ich arbeite weiter.
Dann sagt der Laptop lebewohl.
Weiter auf Schmierpapier.
Die müssen sich schon was besseres ausdenken als mir den Saft abzudrehen...



Die dritte Front ist Japanisch - also die Sprache.
Um den anstehenden Papierkrieg mit dem Japanischen Beamtenapparat zu bestehen muss ich aufrüsten.
Es gibt kaum Bücher für "Rechts-Japanisch", und selbst wenn liegen die wohl weit entfernt von meinem Anwendungsfall.
Besser ist: Lernen von der Originalquelle. Also suche ich im Internet nach Beispiel-Verträgen und Gesetzestexten.
Vorteil: man lernt auch gleich die Rechtslage mit.
Nachteil: Kopfschmerzen. Was zur Hölle soll dieser Satz jetzt aussagen?!
Mühsame Analysearbeit resultiert schließlich in einem neuen Satz der zur fortgehenden Wiederholung in meiner Lern-App gespeichert wird.
Sollst du durch ewige Wiederholung in mein Gehirn gebrannt zu werden.
Eine Stunde jeden Tag büffeln mit der App - das ist die Regel.
Ausnahmen zur Regel sind nicht vorgesehen.
Auf der Konferenz suche ich mir ein ruhiges Eck, packe meine Verträge aus und pauke.
Plötzlich steht der Professor hinter mir.
Ein Moment angespanntes Schweigen wahrend ich mich frage ob solche Fremdbeschäftigung einer Genehmigung bedurft hätte.
Er guckt.
Dann lacht er.
Dann geht er.
Ich lerne weiter.
Im Steinbruch der Vertragsvorlagen haue ich die Ziegel für meinen Justizpalast...

Der Nebeneffekt ist dass ich jetzt eine Form von Japanisch verstehe die Japaner nicht mehr verstehen, dafür aber keinen Schritt weiter bin die Japaner zu verstehen.
Das macht Parties gleich noch mal lustiger...

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