Montag, 18. Mai 2015

Sprechen lernen (3)

Wo steckt die Sprache?
Also: wo in Ihrem Gehirn?
Das Gehirn ist ja kein einheitlicher Schwamm. Da gibt es spezielle Regionen.
"Naja, Sprachzentrum" wird man jetzt sagen, und hat damit eigentlich wirklich gar nichts gesagt.

Okay, anders: wie wird eine Sprache denn in ihrem Gehirn abgebildet?
Als endlose Vokabel-Liste wie ein Telephonbuch? Benutzen Sie ihr Bewusstsein wenn Sie sprechen?
Also ich nicht.
Ich benutze meinen Mund.




3.) Tun:
Wenn Sie versuchen ihre neue Sprache in ihr Gedächtnis zu prügeln, dann ist das so wie wenn Sie ihr neues Regal im Garten aufbauen. Es ist schon irgendwie da, aber nicht da wo Sie's sinnvoll benutzen können weil viel zu weit weg von der Küche, und es wird auch recht böse von der Witterung angegriffen.
Ein besserer Ort ist da wo ihr Gehirn die Aktionen für ihren Körper produziert. Manchmal sagt man, dass Dinge "in Fleisch und Blut" übergehen, aber natürlich ist es immernoch das Gehirn das die Impulse sendet. Nur eben ein anderer Teil des Gehirns den wir bewusst nicht wahrnehmen.
Also: ihr Mund bewegt sich ohne dass Sie denken.
Damit er dann auch das sagt, was Sie sagen wollen (und in der Sprache in der Sie es sagen wollen) müssen Sie ihn trainiert haben. Also natürlich nicht wirklich die Muskeln im Mund, aber die Muster in ihrem Gehirn, die Worte produzieren.
Was ich sagen will:
Wenn Sie lernen, dann sagen Sie ihre Sätze laut auf!
Ja: reden Sie mal wieder ordentlich mit sich selbst.
Wenn ihnen das zu peinlich ist, dann flüstern Sie, oder bewegen Sie zumindest die Lippen.

In der Schule haben Sie das nicht gebraucht, weil ihr Lehrer Sie dazu gezwungen hat regelmäßig etwas zu sagen. Fragen Sie mal einen Lehrer (für Sprachen) was er von der Idee hält die Kinder stillschweigend den "Input" über sich ergehen zu lassen und nur im Kopf über das gelernte zu reflektieren. Absurd? Aber genau das ist die Gefahr wenn man die Schule verlässt und beim Lernen auf sich allein gestellt ist. Man guckt seine Vokabeln an und Glaubt jetzt Sprechen zu können.
Aber echter Fortschritt kommt nur, wenn ihr Gehirn lernt ihren Mund zu bewegen.
Also: fangen Sie an vor sich hin zu plappern.
Das hilft zwar nicht beim Hörverständnis, aber 50% ihrer Unterhaltung haben Sie damit schonmal abgedeckt. Und im Gegensatz zu echten Gesprächen die oft zu schnell sind oder nicht die Sätze oft genug wiederholen die Sie gerade lernen wollen, sind diese hier perfekt auf ihre Lernziele abgestimmt. Wen interessiert da noch, dass keiner zuhört?



Oh, und wo wir schon dabei sind: Vielleicht müssen Sie für ihre neue Sprache ja auch ein paar neue Zeichen lernen.
So um die 30 für Russisch.
Oder etwa 60 für Thai.
Oder ein paar tausend für Chinesisch.

Die werden Sie alle nicht lernen, bis Sie sie schreiben.
Selbst wenn man heute kaum noch mit der Hand schreibt: ihre Hand erinnert sich besser als ihr Gehirn.

Dazu folgende Anekdote:

Ein Freund fragt mich über ein Sandwich wie ich Schriftzeichen lerne. (Weil ich während dem Sandwich-essen nebenbei Schriftzeichen gelernt habe.)
Ich erkläre, dass man auf jeden Fall mit der Hand schreiben sollte, ohne dir Vorlage anzugucken, immer und immer wieder. Die Assoziation mit der Handbewegung hilft um sich die Details zu merken.

"Ach wirklich? Ich lerne immer nur durch anschauen.", wirft ein anderer selbstbewusst ein. Wirklich? Vielleicht bin ich ja nur lernbehindert, und andere Leute brauchen meine Tipps gar nicht.
Probieren wir das doch kurz aus. Ich zeige ihm das Wort, dass ich gerade lerne. "Umsatzabrechnung" steht da. Besteht aus den Schriftzeichen: Verlust + Gewinn + Messung + Rechnen + Schreiben.

Er schaut...
...
Kann er nicht lesen.

Welches davon kann er nicht lesen?
Er schaut nochmal...
...
Alle bis auf das Letzte.

Wirklich? Auch das in der Mitte nicht?
Nochmal schauen...
...
Nope.

Das benutzt man auch um "Uhr" zu schreiben... (ist ja ein "Zeit-Messer").
Aha. Soso.
...
Ich gebe auf.

Achso: ich hab' die Pointe vergessen:
der Mann lebt schon seit 10 Jahren in Japan.

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