Samstag, 7. November 2015

Fernwest

In Japan wird ja jeder Student der kein Japaner ist als "Austausch-Student" (留学生) bezeichnet, selbst wenn er ganz normal eingeschrieben ist und an überhaupt gar keinem Austauschprogramm teilnimmt, selbst Leute mit Dauer-Visum die schon seit Jahren hier leben. Ist halt so.


Also bin ich, um dem ganzen einen Twist zu geben, mal ins Ausland gegangen, als Austausch vom Austausch (der gar kein Austausch ist), und zwar nach New York.

Und das kam so:


Unser neuer Hilfs-Professor ist.. naja, also... mit dem wird einem nicht langweilig. Und er hat immer große Pläne und feste (neue) Meinungen.

Sein neuester Plan: um weltweit ganz vorn mit dabei zu sein müssen wir regelmäßig Studenten ins Ausland schicken. Ist wohl so eine Networking Sache.
Ich muss dabei an den Geschichtsunterricht denken, als man im Mittelalter Politik betrieben hat, indem die Adeligen ihre Töchter an fremde Königshäuser verheiratet haben um einen Fuß in die Tür zu kriegen. Ich werde also als Prinzessin an einen berühmten Professor an der Columbia University verschachert.
Ist mir recht - etwas Tapetenwechsel kann man gut gebrauchen.


 So einfach geht das aber natürlich nicht. Erstmal muss man sich durch die Bürokratie durchwursten und ein Visum kriegen. Wieso ein Visum? Als Deutscher kann ich doch auch so für ein paar Wochen in die Staaten, oder? Ja, aber dann kann die Uni mich nicht offiziell als Austauschstudenten (genauer gesagt: "Short-term Scholar") annehmen. Nicht dass sie mir Geld zahlen würden (Hallo, Mitgift funktioniert anders 'rum!), aber ohne Papierkrieg macht's keinen Spaß.

Also Formulare ausfüllen, Gebühren zahlen, zum Konsulat gehen.

Vom Konsulat wieder weggeschickt werden weil man was falsch gemacht hat und der Passierschein A38 fehlt. Zwischen zwei Konferenzen im Starbucks sitzen und 99Fragen über mich beantworten, die ich selber gar nicht über mich weiß, und daher meinen eigenen Lebenslauf herauskramen muss.

Wieder zum Konsulat gehen, reingelassen werden. Typisch Amerikanisch ist das Ding eine Festung. Nichmal mein Handy lassen sie mir. Nach 3 Minuten "Interview" (dass mich ne Stange Geld gekostet hat) dann die gute Nachricht: Visum wird erstellt.

Westen, ich komme.


Nur das der Westen hier im Osten ist. Obwohl ich über Peking fliege (Air China war mal wieder billigste Option), ist die Flugroute über Alaska und Kanada der kürzere Weg. Ich fliege also nochmal an Japan vorbei, und komme eine halbe Stunde später in New York an.
Normalerweise fliegen Flugzeuge ja nicht schneller als die Erdrotation, aber da ich jetzt nach Osten fliege (also über die Datumsgrenze) gelingt mir beinahe ein Zeitsprung: Abflug 13:00Uhr, Ankunft 13:30.
Von Sitznachbarn mit kleiner Blase und dauer-weinenden Babys nur unwesentlich angeschlagen stehe ich noch eine gute Stunde in der Schlage um mein Visum angeschaut zu bekommen. Irgendwann zieht mich jemand aus der Reihe und stellt mich in eine extra Schlage: sie wollen die Leute aus dem AirChina Flug endlich durch die Schleuse haben, damit wir unser Gepäck endlich vom Gepäckband nehmen. Naja, mir solls recht sein.

Und so komme ich erst gegen 18:00 in meiner neuen Bleibe an...

(Nein, dass ist nicht meine neue Bleibe.)

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