Montag, 27. Juli 2015

Verkehrsteilnahme

Mein Hobby ist: informelle Statistiken anzufertigen. Also ich frage Leute Sachen, ganz viele Leute dieselben Sachen, und schließe daraus auf die allgemeine Bevölkerung.(Informell, weil meist kein Papier und Stift zu Hand ist um Ergebnisse zu notieren, dafür aber Alkohol, um Ergebnisse zu vergessen.)
Jedenfalls haben laut meiner Statistik die meisten Japaner keinen Führerschein. Gängige Begründung: das Zug-Netz ist einfach zu gut, und Auto, Parkplatz, Versicherung etc. kosten einfach zu viel. Natürlich frage ich meist nur Leute in Ballungsgebieten, obwohl ich selbst auf dem Land lebe, weil: da ist mehr los. Die Ironie, dass ich mein eigenes Auto verwende um Leute die kein Auto brauchen zu fragen warum sie kein Auto brauchen ist angekommen.


Es ist aber auch gar nicht so einfach einen Führerschein zu kriegen.
Ich habe glücklicherweise meinen Deutschen Schein übersetzen lassen können. Sonst hätte ich auch keinen. Zwei gute Freunde sind durch die Tortur durch. Beide haben jahrelange Fahrerfahrung, und wurden trotzdem fünf mal durchfallen gelassen. Immer wegen totalen Kleinigkeiten oder höchst zweifelhaften Begründungen. Jedes mal mussten sie eine Pilgerreise zum Prüfungsamt machen, jedes mal einen guten Batzen Geld da lassen.
Das ist, so unter der Hand angedeutet auch der Grund für die Pingeligkeit der Prüfer: Geld.
Denen gefällt es nämlich ganz nicht, wenn man ohne lange Theorie und Fahrstunden man schnell die Prüfung machen will. Bis man also das Äquivalent eines ganzen Intensiv-Kurses über den Tresen geschoben hat, kriegt man auch keinen Schein.


Um so größer ist die Freude bei meinen Freunden dann, als der Schein endlich da ist!
Solange er denn da ist, weil: Japanische Führerscheine haben ein Verfallsdatum: nach drei bis fünf Jahren ist Schluss mit dem Fahrspaß. Lustigerweise nicht gemessen ab dem Datum an dem der Führerschein ausgestellt wurde, sondern festgemacht am Geburtstag des Fahrers. Tolles Geburtstagsgeschenk, oder? Aber damit's nicht ganz so fies ist, dass man seinen Geburtstag auf dem Amt verbringen muss um eine Verlängerung zu erstreiten, hängen sie einen Gnaden-Monat hinten dran.
Dann hat man auch genug Zeit nach der Geburtstags-Party seinen Restalkohol wieder auf die Gesetzlichen 0% zu senken.
Dann wird man ein bisschen durch die Bürokratischen Mühlen gedreht (gottseidank keine Fahrprüfung) und kriegt am Ende vielleicht einen neuen Schein. Dann vielleicht mit neuer Farbe: Japanische Führerschiene fangen nämlich alle grün an (weil noch Grün hinter den Ohren) und werden dann Blau (weil, äh, hier ist mir kein Witz eingefallen, der Ihnen nicht auch sofort eingefallen ist). Wenn man lange Zeit unfallfrei ist und nicht beim zu schnell fahren erwischt wurde, wird er sogar golden. Das scheint aber eine Ausnahmeerscheinung zu sein. Die wenigen Japaner die mir erzählt haben sie kennen jemanden der das geschafft hat, hatten dabei einen Unterton von Bewunderung in der Stimme als ob "keinen Unfall bauen" eine echte Meisterleistung ist.
Gut, so sehen viele Autos hier auch aus...

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