Sonntag, 26. April 2015

Sprechen lernen (1)

Das hat ja mal lange gedauert...
Ursprünglich wollte ich hier mein gemoser rauslassen über meine meist gefürchtete Frage:
"Kannst du denn jetzt Japanisch?!"
Aber dann ist mir aufgefallen, dass er wirklich tot-uninteressant ist was ich jetzt verstehen kann und was nicht.
Hier die Zusammenfassung: "Sprache können" ist keine ja/nein Frage, hängt stark vom Kontext ab (Alltag, Bürokratie, spezielle Interessen, ...) und selbst Muttersprachler haben nur einen begrenzten Wortschatz (oft im Zusammenhang mit Hintergrund/Bildungsniveau) und halten sich nicht an die linguistischen Regeln.
Sie können also ganz schnell lernen eine Sprache "besser" als die Einheimischen zu sprechen, werden dann aber immer noch kein Wort verstehen.

So, nachdem ich alles was ich zu dem Thema zu sagen habe in einen einzigen Absatz komprimiert habe, kann ich zu dem Thema kommen, dass ich viel interessanter finde:

Wie lernt man denn am besten eine Sprache?

Ich persönlich bin sprachlich komplett unbegabt. Tatsächlich beginnt die Geschichte, warum ich Japanisch gelernt habe damit, dass ich in Französisch versagt habe (aber das verzähl' ich a anders mal). Also grausige Startvoraussetzungen.
Deswegen habe ich immer großes Interesse daran das ganze zu vereinfachen und effizienter zu lernen.

Also schreibe ich jetzt hier mal meine Sammlung an Tipps auf.
Vielleicht wollen Sie ja noch eine neue Sprache lernen...



1.) Zeit:
Das Gehirn hat eine ganz tolle Funktion: es kann vergessen.
Es kann nicht nur, es arbeitet aktiv an der Entsorgung aller Erinnerungen.
Wie ein Elternteil, der gnadenlos ihr Dachzimmer ausmistet und alles weg wirft was Sie in letzter Zeit nicht mehr getragen haben. VERDAMMT, DAS WOLLTE ICH NOCHMAL ANZIEHEN!

Warum erzähle ich das?
... hab ich vergessen, haha *tuschhh*. Ach ne! Jetzt kommt der Tipp:
Weil lernen nichts anderes ist als "nicht vergessen".
Deswegen ist das Timing entscheidend!
Sie können jedes Wort in einer Sekunde lernen. Das ist nicht das Problem.
Beispiel gefällig? "Lernen" heißt "benkyo" auf Japanisch. Kapiert?
Die Frage ist nur ob Sie's behalten können, weil: ihr Gehirn will's nicht.
Was hieß "Lernen" gleich nochmal? Gut! noch da!
So könnten sie also in einer Stunde rund 3600 Vokabeln lernen.
Doch schon nach ein paar Sekunden versucht ihr Gehirn gleich wieder jedes Wort sofort wieder weg zu werfen. Also müssen Sie's vorher wiederholt haben. Was hieß "Lernen" gleich nochmal....?
Das hält dann vielleicht so eine Minute. Dann kommt ihr Gehirn wieder vorbei. Wehe sie haben's bis dann nicht wiederholt. Und mit wiederholen meine ich nicht: nochmal lesen und passiv verstehen, sondern aktiv ohne Nachschauen aus Ihrem Gedächtnis reproduzieren. Was heißt "Lernen"?! Ah, das hat ihnen wieder eine Minute gekauft!

Das geht immer so weiter: aus der einen Minute werden zwei, dann fünf, dann 10, 30, eine Stunde, ein Tag, zwei Tage, eine Woche, ein Monat, ein halbes Jahr...
Wann hört's auf?
Nie.
Wenn Sie schonmal die Erfahrung gemacht haben, dass ihnen ein Wort "auf der Zunge" lag, aber Sie sich einfach nicht erinnern konnten, wissen Sie dass ihr Gehirn selbst vor ihrer Muttersprache nicht halt macht.
Wenn also sie heute aufhören würden Deutsch zu sprechen, würde ihr Gehirn schon Morgen mit dem Ausmisten anfangen, angefangen mit den Worten die sie am wenigsten benutzt haben.
Netter weise wird die Erinnerung nicht auf einen Schlag komplett weggeworfen. "Erneut-lernen" ist also weniger aufwändig als das erste mal etwas neues zu lernen.
Zumindest für einige Zeit. Aber das hilft ja nicht wenn Sie nicht rechtzeitig wiederholen.
Und irgendwann ist alles Weg.
Genau so wie das Japanische Wort für "Lernen" jetzt weg ist...


Das heißt also, dass Sie nur dann eine Chance haben die Sprache zu lernen, wenn sie regelmäßig üben.
Regelmäßig heißt: jeden Tag, über den Tag verteilt: Morgens, Mittags, Abends, ...
Wenn Sie nur Abends lernen, Morgens aber nicht wiederholen, dann sind viele Worte bis zum Abend schon wieder weg. Etwas wird natürlich immer hängen bleiben, aber viel ihrer Mühen (und Lernzeit) sind dann verschwendet.
Also nutzen Sie Ihren Weg zur Arbeit und zurück, sowie ihre Pinkel-Pausen zum lernen. Haben Sie immer Kartei-Karten oder ihr SmartPhone dabei und nutzen Sie kleine Pausen.


Wie viel Zeit ist genug?
Tja, zwar werden die Vokabeln zum wiederholen immer mehr, aber die Zeitabstände für jede Vokabel immer länger je länger Sie lernen.
Als Faustregel hat sich bei mir aber eine Stunde pro Tag durchgesetzt. Das sind etwa 1/3 aus dem "das lerne ich gerade zum ersten mal" Stapel, 1/3 aus "wird wiederholt" und 1/3 aus "hab ich früher mal gelernt, darf ich aber nicht vergessen".

Ist natürlich einfacher gesagt als getan. Wie schafft man dass sich jeden Tag zu einer ganzen Stunde büffeln zu motivieren?
Konfuzius sagt: "Kenne deine Schwächen und lasse sie für dich arbeiten."
Max sagt: "Wenn du ein Argument bringen willst, behaupte einfach Konfuzius hätte irgendsowas gesagt, dann hinterfragt dich keiner." (Und ehrlich, der Typ hat so viel gesagt...)
Außerdem ist der Max ein verklemmter Pedant, an der Grenze zum Autismus.
Auch hat der eine Japanisch-Lern-Software, die Statistiken über der verbrachte Zeit anzeigen kann.
Das ist ganz furchtbar, denn wenn man erstmal angefangen hat da ganz geordnete "eine-Stunde"-Balken aufzureihen (eins für Montag, eins für Dienstag...), ertrage ich die Lücke eines verpassten Tages nicht mehr.
Wenn Sie also wissen, was ihr Gehirn überhaupt nicht ab kann, benutzen Sie's um sich zum regelmäßigen Lernen zu zwingen.
Ich bin dann mal weg.... meinen Balken für Heute auffüllen....

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen