Montag, 11. August 2014

Nach-arbeit

Vor gut einer Woche habe ich mein Praktikum bei einer ungenannten aber sehr großen Japanischen Firma in Tokyo beendet. Da bleibt noch etwas Luft für abschließende Bemerkungen und Anekdoten zu Arbeit und Stadt.



Das mit den unmenschlichen Überstunden ist wohl doch nicht so schlimm. Zumindest in meiner Firma wurde rechtzeitig Schluss gemacht, und die Scharen der Anzugträger strömten durch die Gassen zum Bahnhof. Mich eingenommen, ich kann also nicht garantieren ob nicht ein paar Arme Kerle jeden Tag bis in die Nacht hinein geschuftet haben. Die Kollegen haben es jedenfalls bestritten. Waren aber stets Morgens vor mir da und blieben Abends ein bisschen länger.
Jedenfalls kann man der Firma keinen Vorwurf machen. Jeden Tag Pünktlich zu Feierabend kam der Gong und die Drucksage, man solle doch auf seine "Work-Life-Balance" (das Wort haben sie aus dem Englischen eingekauft) achten und ein bisschen mit der Familie plaudern. Das ist ja die alternative Erklärung dafür, dass Japanische Männer erst so spät Heim kommen: sie verbringen nicht so gerne Zeit mit der Familie...



Unweit meiner Bleibe gibt es einen beschaulichen Stadtteil namens "Ebisu".
Kommt der Name bekannt vor? Beim Blog-Lesen fleissig aufgepasst und Notizen gemacht?
Genau: Ebisu ist hier eine bekannte Biermarke. Tatsächlich ist es eines der besten Biere in ganz Japan. Und hier war früher die Brauerei. Dann haben sie irgendwann einen Bahnhof gebaut, um ihr Bier besser vertreiben zu können. Der hieß dann folgerichtig Ebisu-Station. Und als sich immer mehr Leute rund herum ansiedelten (weil: wer will nicht neben der Brauerei wohnen?), haben sie den Stadtteil ausgehoben und Ebisu genannt.
Können wir das auch für München einführen?
Die Brauerei ist mittlerweile weg, der Stadtteil wächst und gedeiht.
Zweimal war ich dort, beide male um Freunde zu treffen (jedes mal andere).
Das erste mal waren wir dann auch Anständig im Ebisu-Restaurant. Dort haben sie zu ihrem japanischen Bier dann Deutsches Essen angerichtet, weil, naja, die Deutschen haben Erfahrung darin zum Bier passendes Essen zu machen. (Oder wollen sie Reis zu ihrer Halben?)
Das zweite mal wanderten wir unverhofft in ein Straßenfest. Super! Da holen wir uns ein Bier einer der Buden und schlendern durch die Nacht! Nur.. ein Problem... ES GIBT KEINEN EINZIGEN STAND FÜR EBISU BIER?! Also bitte...




 Wie Sie vielleicht schon verstanden haben, war Sicherheit und Geheimhaltung bei der Firma ja oberste Priorität. So musste ich bei Arbeitsantritt auch seitenweise Geheimhaltungs-Klauseln unterschreiben. Das sind im Prinzip dieselben NDAs (Non-Disclosure Agreement) die man auch im Westen kennt. Nur das jeder Punkt noch 3 mal genau abgegangen und auf der nächsten Seite nochmal im Detail erläutert wird. Also auch wirklich wirklich wirklich nix verraten, ne!?

So einen Echten Grund hatte das nicht. Die Firma spekuliert nämlich im großen Stil auf Patente. Es gab einfach eine Planvorgabe, wie viele Patente jedes Labor jedes Jahr hervorzubringen hat. Dazu haben sie dann allerhand Hilfsmittel, inklusive eine Wand-Tafel wo jeder Forscher für jede Patent-Idee ein Sternchen bekam. So als Motivation. So wurde das morgendliche "was-haben-wir-gestern-gemacht"-Meeting für die meisten auch zum "an-welchem-Patentantrag-haben-wir-gestern-geschrieben"-Meeting.
Wozu also Geheimhaltung wenn man eh vor hat jede Idee sofort zu Patentieren? Wir erinnern uns: Patente sind öffentlich einsehbar. Man verschenkt also das Geheimnis in der Hoffnung dass der Rechtsstaat einem dann ein Exklusivrecht einräumt.
Einem Kurs an meiner Uni zufolge scheuen viele Japanische Firmen sogar Patente, weil: die sind teuer in Japan, aber nicht so eine sichere Geldanlage wie anderswo. Man weiß also erst nach Jahren teuren Rechtsstreites ob das Patent vor Gericht irgendwas wert ist.

Naja, aus meiner Arbeit geht bestimmt kein Patent hervor, also kann's mir egal sein.


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