Montag, 30. Juni 2014

Sommermode

Ja, es ist mal wieder so weit: der Sommer ist da und ich schwitze wie ein Schwein (können Schweine überhaupt schwitzen? Nicht so gut wie ich auf jeden Fall!).
Denn mein Klimaanlagen-Boykott geht weiter! Für die Umwelt und gegen fiese Sommer-Grippe!
Denn solange ich noch etwas ausziehen kann, soll kein tropfen Öl (wir erinnern uns: Japan hat ja ein paar Probleme mit seinem Kernkraft-Programm) für mich verbrannt werden!

Und wie man stilvoll die Hitze übersteht, kann ich mir ja von den Einheimischen abschauen.
Oder eher nicht.
Einblicke in moderne Japanische Sommertracht.

(Nein, das ist sie nicht!)

Der Anzug tragende Sarariman (von engl: Salary-Man) gehört so fest zu Japan, dass ich mir die überfüllten Rush-Hour Züge gar nicht vorstellen kann ohne Anzug-Sardinen.
Das ist teils historisch bedingt. Als sich Japan nach langer Isolation im 19.Jahrhundert öffnete, erkannten sie schnell dass sie, um von den Westlern ernst genommen zu werden, die westliche Kultur zumindest äußerlich übernehmen müssen. Wer würde schon Leute in Samurai-Kostümen ernst nehmen? Das hatte aber eine problematische Seite: Europäische Mode ist für Europäisches Wetter gemacht. Krawatten haben sich aus Halstüchern entwickelt, und der Falt-Kragen war mal dafür da, damit man ihn bei kälte hochschlagen kann (oder besser gesagt: das runter-schlagen war mal ne tolle Idee weil der Stehkragen manchmal selbst für Nordeuropa zu heiß war).
In Japan ist es im Sommer aber eher tropisch schwül-heiß. Dafür ist der Anzug denkbar schlecht geeignet. Wie die Japaner das früher überlebt haben weiß ich nicht, aber sein ein paar Jahrzehnten haben sie ja Klimaanlagen. Damit können sie auch im Japanischen Sommer "Europäischer Herbst" spielen, mit richtig kaltem Wind zum Kragen hochschlagen.

Dummerweise brauchen Klimaanlagen Strom.
Habe ich schon erwähnt das Japan ein paar Probleme mit seinem Kernkraft-Programm hat? Ja?
Die Regierung hat sich da mal etwas einfallen lassen: "Cool-Biz". Eine Moderichtlinie, nach der Jackett, Krawatte und notfalls sogar lange Ärmel im Sommer zu vermeiden sind.
Wer jetzt denkt: wen interessiert schon was Politiker sagen, kennt die Regel-Liebe der Japaner noch nicht. Die Firmen schreiben das so tatsächlich ihren Mitarbeitern vor. So habe ich jedenfalls für mein Praktikum bei einem großen Konzern eine Einführung erhalten, die mich davon abhalten sollte Jackett und Krawatte zu tragen.
Ich persönlich komme ja eher von der anderen Seite, und trage im Sommer auf der Arbeit gar kein Hemd. Da habe ich dann auch keine Probleme mit Schweißflecken, und die Kolleginnen haben auch was zu gucken. Win-win!
Aber die meisten Japaner haben es nicht so mit deutschem Frei-Körper-Kult...
Also doch wieder Hemd und lange Hosen.




Frauen haben es da besser: da kann man einfach Rock tragen, und so die Stoffmenge gewaltig reduzieren. Aber einige Frauen haben da ein ganz anderes Problem:
Blässe.
Sie wollen gerne so weiß wie möglich sein. So ist hier das Schönheitsideal.
Und natürlich hat die Bekleidungs-Industrie da genau das richtige:
tief-schwarze Strumpfhosen, Handschuhe bis zu den Oberarmen, Hüte mit weiten Krempen, Sonnenschirmchen. Also packen sich die Japanerinnen im Sommer so dick ein, dass es selbst den Islamistischen Fundamentalisten eine Freude wäre. Wie sie das bei der Hitze aushalten weiß ich auch nicht.
Ich will nochmal meine "Oben-Ohne" Technik zur Körper-Klimatisierung vorschlagen!
Aus Umweltschutz- und Gesundheitsgründen!


Natürlich geht es in Japan auch "casual".
Eigentlich sogar zu sehr zu oft.
Ich spreche von Crocks!
Japaner lieben Crocks.
Nicht nur für zu Hause, auch zum Ausgehen sind die gut genug.
Vor allem Jungesellen tragen die Dinger gerne.
Habe ich schon erwähnt, dass ich Informatik studiere?
Ja, ich bin von Crocks umgeben.
Wie so oft hat Japan dann aus den luftigen Latschern gleich mal eine Kunstform gemacht. Da gibt es alle Farben (die sie noch nie an ihren Füßen sehen wollten), Formen (die ihre Füße nie annehmen sollten) und Extras. Es gibt ganze Shops sie ausschließlich Crocks verkaufen, natürlich mit Fachpersonal.
Und im Winter? Wohl etwas zu kalt für Plastik-Latschen.
Aber nicht doch: es gibt selbstverständlich auch gefütterte Crocks, mit warmen Kuschel-Flausch innen. Von außen sehen die immer noch genau so aus....



Montag, 16. Juni 2014

Nachbarn

Korea ist von Japan nur durch ein bisschen Meer getrennt.
Polen ist von Deutschland nur durch ein paar Meter Grenzgebiet getrennt.
Das hat sich für beide (Korea und Polen) bekanntlich als Problem heraus gestellt,
als die anderen beiden (Deutschland und Japan) meinten, sie bräuchten etwas mehr Land.
Die Beziehungen sind seit dem etwas frostig, doch während Willy Brandt sich zum Fugen kitten sogar hingekniet hat, muss man Japanische Politiker bis heute schubsen, damit sie so etwas wie eine Verbeugung machen.

Das finden die Koreaner nicht so toll, und so gibt es bis heute in regelmäßigen Abständen Proteste in Korea, um die Japaner daran zu erinnern, dass es da noch etwas zu kitten gibt. Über die Proteste wird in Japan auch jedes mal Berichtet, aber die meisten Japaner sind eher unpolitisch und nehmen das so hin. Echte Konsequenzen bleiben eh jedes Mal aus.



Aber auch die meisten Koreaner sehen das nicht so Eng. Zumal Japaner als Urlauber sehr willkommen sind: viele Verkäufer sprechen ein paar Brocken Japanisch (mehr als Englisch), und erlauben manchmal sogar das Bezahlen mit Japanischem Geld.

Umgekehrt stellen die Koreaner die größte Einwanderungsgruppe in Japan.
In Osaka gibt es ein Viertel namens Tsuruhashi: "Kranich-Brücke".
Das klingt zwar Ur-Japanisch, ist aber das Koreaner-Viertel, was man vor allem an der enormen Dichte an Koreanischen Barbecue Restaurants merkt.
Die sind zwar lecker, aber für Japanische Verhältnisse nicht sehr sauber, und für Koreanische Verhältnisse ziemlich teuer. (Die schlechte Kombination also).

Das tut der Popularität der Restaurants aber keinen Abbruch. Auch das Besteck nicht:
eigentlich bevorzugen Japaner Stäbchen aus Holz, gerne aus Billig-Holz zum danach-wegschmeißen, oder notfalls aus Plastik.
Koreaner verwenden Stäbchen aus Metall, dünn und trotzdem schwer, was etwas Eingewöhnungszeit kostet...




Auch in der Wissenschaft gibt es nicht viele Reibereien: jedes Jahr werden Austausch-Konferenzen zwischen Japan und Korea abgehalten. Die Professoren scheinen beste Freunde zu sein. Überhaupt scheinen diese Konferenzen mehr dazu zu dienen, mit alten Kumpels zu plaudern (auf brüchigem Englisch beiderseits, obwohl sich Japanisch und Koreanisch sehr viel mehr ähnlich sind als Englisch)... und, ähh.. einen Trinken zu gehen.
Allerdings gibt es in Korea keine große Bier-Kultur, was sie noch weiter verschlimmern in dem sie Kartoffel-Schnaps ins Bier mischen - wahrscheinlich um schneller über den fragwürdigen Bier-Geschmack hinweg in die Trunkenheit zu entfliehen....

Ein Saal voller verkaterter Professoren verschläft meinen Vortrag und wacht erst zum Mittagessen wieder auf - denn ein wichtiger Teil der Konferenz (oder: der wichtigste Teil?) ist sich gegenseitig in Gastfreundschaft zu übertreffen und eigne Kultur bestmöglich zu präsentieren, zumeist in Form von Essen.
Tatsächlich ist der kulinarische Unterschied zwischen Japan und Korea deutlich größer als man meinen sollte. Zwar gibt es Überschneidungen (Koreanisches Sushi heißt: Gimbap), aber auch Essen bei der der jeweils anderen Seite der Mund offen stehen bleibt. Sprich: man kriegt das Essen rein, den Mund dann aber nicht mehr zu.
Ein Japanischer Student erklärte auf meine Nachfrage, was ihm denn am besten Geschmeckt hat dann auch: ...der Reis.
Nein der Koreanische Reis schmeckt nicht anders als der Japanische.




Der Fairness halber bleibt anzumerken, dass in dem umfangreichen, oft leckeren und immer interessanten Menü auch ein paar.... "Spezialitäten" beinhaltet waren. Unter anderem ein eingelegter Fisch der so sehr stinkt, dass selbst unser Skandinavier ihn liegen ließ.
Der war aber die Ausnahme - sonst wird jeder der es etwas schärfer mag Korea sehr genießen.
Mahlzeit.