Montag, 26. Mai 2014

Lauter Verrückte

Wer sich ein bisschen mit Medien beschäftigt, der stolpert über den Begriff des "Common Consensus Narrative". Das ist "die Geschichte, auf die sich alle irgendwie geeinigt haben, dass es die Wahrheit ist".  Nachdem also alle glauben, dass der Hund einer Katze ist, ihn wie eine Katze behandeln und jedes katzenartige Verhalten als Beweis sehen, fängt der Hund irgendwann von selbst an zu Miauen.

Warum erzähle ich dass?
Weil ich irgendwie zwei Blog-Einträge pro Monat zusammen kriegen muss...

Nein, ernsthaft: der Punkt ist, dass Japan den Ruf hat, voller Verrückter und verrücktem Zeug zu sein.
Nicht, dass da nicht irgendwo ein wahrer Kern drin stecken würde, aber... sagen wir's so: ich habe mehr "Verrückte Japanische Fernsehsendungen" gesehen, als ich noch in Deutschland war. Keine Ahnung wo die Exporteure das Zeug auftreiben. Im Fernsehen läuft es jedenfalls nicht.

Wie gesagt: ich bestreite nicht, dass es hier reichlich merkwürdiges Volk gibt. Ich meine: hey, Ich studiere Informatik! Muss ich mehr sagen?
Aber auch in Deutschen Informatik-Kursen habe ich so allerhand gesehen. (Man fängt ja nicht deswegen mit Computern an, weil man sozial so super gut reinkommt, oder?).

Aber wie das so ist mit dem Ruf: die Leute hören ihn und kommen.
Ja, ganz genau: dies ist ein Beitrag über all die verrückten Ausländer hier, die Japan sich eingehandelt hat, und die noch jedes Klischee toppen.



Sie! Sie kam von einer der renommiertesten Unis der Welt. Das half ihr kein Stück, da sie weder wirklich programmieren konnte, noch von Algorithmen oder mathematischen Modellen viel verstand.
Wir mussten ein Projekt zusammen machen; ihr einziger Beitrag war, einmal das Projekt kaputt zu machen. Mehr Produktivität war dann nicht mehr drin. Lernresistent war sie auch.
Warum war sie dann da? Sie liebte Japanische Kultur! Also eigentlich nur die Comics.
Na gut - fast jeder hier findet die mehr oder weniger unterhaltsam.
Aber ihre Spezialität war, nur die Comics zu mögen die keiner kannte. Das betonte sie auch explizit. "Habe ich noch nie von gehört", war ein Satz der immer ein breites Lächeln auf ihr Gesicht zauberte. Comics werden scheinbar schlechter je mehr Leute sie mögen.... oder so...
Aber das konnte doch nicht alles sein, was sie an Japan findet, oder?
Nein: die mochte auch.... Perücken.
Jetzt würde ich gerne erklären, was es damit auf sich hat. Berühmte Japanische Perücken-Qualität oder so. Kann ich aber nicht. Sie trug auch nie selbst Perücken. Ich weiß wirklich nicht, was ich dazu schreiben soll...



Ryu. Das war natürlich nicht sein echter Name, aber so stellte sich den Leuten gerne selbst vor. Das war der Name einer bekannten Video-Spiel-Figur. Er sah kein bisschen aus wie "Ryu". Leute, die ihn dann etwas stutzig anguckten (=alle), erklärte er noch, dass das japanisch für "Drache" sei. Das war auch nötig, denn durch seinen starken Amerikanisiert-Australischen  Akzent klang sein rollendes "Rue-You" nicht im entferntesten wie das japanische Wort "ryu". Als er sich dann so dem japanischen Assistenz-Professor vorstellte (ja, wirklich!), versteht der natürlich kein Wort. Verzweifelt versucht der arme Japaner "Rue-You" zu sagen, und wundert sich, in welcher Sprache das bitte "Drache" heißen soll. Und um die Situation noch absurder zu machen, verbeugt sich Ryu dann zum Gruß, und faltet dazu die Hände vor der Brust, wie man es aus Kung-Fu Filmen (und NUR aus Kung-Fu Filmen) kennt.

Er wird nach seinen Hobbys gefragt. Er bezeichnet sich selbst als "Kampfsportler". Er sieht nicht so aus als würde er überhaupt irgendeinen Sport machen. Lässt sich auch im Fitness Studio nicht blicken. Dafür bringt er jeden Tag eine Gitarre mit ins Labor, spielt nicht darauf, nimmt sie wieder mit Heim, manchmal auch mit in den Unterricht. Laut eigenen Angaben spielt er Schlagzeug. Vielleicht ist "Gitarre herumtragen" teil seines Kampfkunst-Trainings.




Hahahaha, jetzt glauben Sie, ich kann das nicht toppen, richtig? Jetzt denken Sie, da hat er den Bogen überspannt. Na, hören Sie sich das an:
Es gibt in Osaka eine beliebte Gaijin-Bar, die Hauptsächlich von Brasilianern betrieben und besucht wird. Einer der Barkeeper hat sich die (Ex)Freundin auf den Körper tätowieren lassen.
Welche (Ex)Freundin?
ALLE!
Der Mann ist eine wandelnde Galerie aus Frauengesichtern. Da ist Ms X auf der rechten Brust, Fräulein Y auf dem Bauch, eine Dame auf der Schulter...
Nein, kein Witz, keine Übertreibung. Selbst gesehen und bestätigt.
Tja, liebe Leserinnen, bewerben sich sich noch Heute um ihren Lieblingsplatz, bevor da schon eine andere hin kommt.

Haha, und Sie dachten Japaner seien verrückt!

Dienstag, 13. Mai 2014

Ganz neue Töne

Ich hatte ja vor langer Zeit schon mal davon erzählt, dass Japaner gern Lautmalereien in ihrer Sprache verwenden. Da kann ich noch ein paar besonders schöne Fundstücke nachlegen.

Es gibt im Japanischen kein echtes Wort für "klebrig", nur die Lautmalerei: beta-beta. Nein, damit ist nicht das unangenehme Gefühl gemeint, dass Software in der Beta-Phase bei Nutzern hervorruft, wobei das gewisse Ähnlichkeit hat. Beta-beta ist alles, was an der Haut klebt und zusammen-pappt. Gerne verwendet man es als Erklärung warum Natto (die vergorenen Bohnen) total ekelhaft sind: die sind soo beta-beta, dass sie lange Fäden ziehen. Sie haben also stinkende, klebrige Fäden im Mund. Bäääh(ta)!



Ich lerne, dass "puni-puni" etwas weiches, verformbares beschreibt, gerne auch Fettgewebe, ... ähm, "Baby-Speck". Ich finde das irre niedlich! Neckisch drücke ich meinem Mädchen meinen Finger in den Oberarm und grinse sie an: "Puni-puni". Sie grinst zurück, drückt mir ihren Finger in den Oberarm und sagt: "Muki-muki".
Ich falle aus allen Wolken und frage unten angekommen noch mehrfach nach bis ich's glaube. Ja, Japaner sagen zu festen, kaum nachgebenden organischen Stoffen "Muki-muki".
Gehen sie also besser in die Mucki-Bude als in die Puni-Bude!




Wenn etwas sehr flexibel ist, eigentlich zu flexibel, und daher vor sich hin wabert, dann könnte man funya-funya dazu sagen, oder? Tut man aber nicht! Funya-funya ist reserviert für Leute die so flexibel sind, dass selbst ein Fähnchen im Wind noch mehr Rückgrat hat. Wenn Leute mich also Fragen, ob mir ein Termin besser passen würde als ein anderer, sage ich ihnen, dass ich da ganz funya-funya bin und mach die entsprechende Armbewegung, die wohl eine Qualle machen würde, wenn sie denn Arme hätte und ihr alles funya-funya wäre. Die Leute verstehen und lachen.




Kennen sie Mikado-Stäbchen? Ich meine die Dinger die man essen kann, mit Schoko. Genau die!
Die heißen nicht Mikado! Die heißen Pocky. Warum heißen die Pocky? Weil dass das Geräusch ist, dass sie machen wenn man sie bricht: "pokki"! Laut Kennern Japanischer Knabbereien machen auch nur die Original Pocky-Sticks so richtig schön pokki! Das ist also das Qualitätsmerkmal. Kopien knacken vielleicht, aber nur Pocky macht echt pokki.
Ich stelle mir das wie eine Weinprobe vor: Gourmets brechen reihenweise Pocky-Stäbchen, versuchen am Klang den Jahrgang zu erraten (noch frisch oder schon funya-funya?) und werfen die Dinger dann weg, weil: auf Diät.