Montag, 30. September 2019

Boss (21)

Ich war immer ein grosser Fan von Open Source.
Die Vorstellung auf der Arbeit anderer Programmierer aufzubauen, etwas beizusteuern, sich gegenseitig zu kontrollieren, und die Software an die eigenen Vorstellungen anpassen zu können ist einfach großartig für jeden Bastler.
Ich sage "Vorstellung" weil wirklich an Open Source Projekten teilgenommen habe ich nie.
Meine eigenen Projekte waren immer zu klein und spezifisch als das sie jemanden interessieren würden.
Die größeren Projekte von der Arbeit durfte ich nicht veröffentlichen.
Also habe ich die "Open Source Commmunity" nie kennengelernt.
Sah von außen aber immer toll aus.



Als ich also meine eigene Software veröffentlichen wollte, war ich am überlegen das ganze Open Source zu machen.
Doch könnte ich dann auch davon leben das ganze weiter zu entwickeln?
Es gibt ja genug Firmen die Open Source machen, aber wie machen die das? Und vor allem: wie ist das als einzelne Person.
Also kontaktiere ich erstmal den Autor einer Open-Source Videobearbeitungs-Software die ich gerne verwende - und zu deren Entwicklung ich gerade erst etwas Geld gespendet habe.
Seine Geschichte zwingt mich fast nochmal mehr Geld hinterher zu spenden - er scheint wirklich fast überhaupt kein Geld zu machen, obwohl seine Software wirklich populär ist.
Also ist das keine gute Option - gut dass ich gefragt habe. Mein Source Code bleibt geheim. War wieder nix mit Open Source Community.


Zwei Jahre später - Software und Team sind reichlich gewachsen - und wir diskutieren in welche Richtung wir uns weiter entwickeln wollen.
Wir wollen nicht mehr so abhängig sein von der Basis-Software auf der wir aufbauen und mehr Leute erreichen.
Also schauen wir welche anderen Design-Tools wir unterstützen könnten.
Die nächsten größeren Produkte gehören aber alle derselben Firma von der wir gerade etwa unabhängiger werden wollen. (Hallo? Monopol-Behörde?)
Der Rest ist etwas "Nischen-Software", ... und die eine große Open Source Alternative. Es gibt immer eine Open Source Alternative.
Wäre dass nichts für uns? Klingt schon spannend, aber auch machbar?
Das heißt:
1) Ist das technisch machbar?
2) Ist das finanziell machbar?
3) Ist das zwischenmenschlich machbar?

Um (1) die technische Machbarkeit zu überprüfen, stürzen wir uns einfach mal in den Source Code - ist ja frei verfügbar.
Ist zwar alles nicht ganz so einfach wie erhofft aber nach ein paar Wochen haben wir einen funktionierenden Prototypen. Yay!

Bei der (2) finanziellen Machbarkeit schaut's etwas düsterer aus.
Spenden-basierte Open-Source Entwicklung scheint nichtmal genug abzuwerfen um einen von uns das bescheidene Gehalt zahlen zu können.
Also Alternativen suchen. "Crowd-Funding" ist ein System bei dem Leute für die Entwicklung eines Produktes zahlen, noch bevor die Entwicklung startet.
Kommt nicht genug Geld zusammen, wird das Produkt nicht gebaut. (Und oft genug wird's auch dann nicht gebaut wenn genug Geld zusammen kommt - die Liste der vergeigten oder betrügerischen Crowdfunding Projekte ist lang).
Klingt fair. Nicht wirklich profitabel aber vielleicht tragbar - VR hat zwar nicht viele Nutzer, aber die Nutzer die's hat sind bereit Geld auszugeben.



Die (3) zwischenmenschliche Machbarkeit, also ob unsere Arbeit in der Community anerkannt wird und wir niemandem auf die Füße treten.
Spüren ein paar Leute auf die mal über so etwas irgendwo in irgendwelchen Foren oder Konferenzen gesprochen haben und Kontaktpersonen im Entwickler-Team und kontaktieren sie einfach. Wie geht's denn bei denen voran?
Die Antworten sind meist kurz und abwiegelnd. Jaja, steht auf dem Plan, wird gemacht, aber momentan geht da nichts voran. Keine Zeit, kein Geld, kein Interesse.
Also fragen wir ob das denn willkommen wäre wenn wir uns darum kümmern würden.
Da hören die Antworten auf. Zwar scheint keiner daran arbeiten zu wollen, aber den Ball abgeben will auch keiner. Schließlich fragen wir sogar den berühmten Gründer der Design Software. Direkt: geht das okay?
"Wir sind Open Source - jeder ist willkommen Teilzunehmen und Beizusteuern."
Das reicht uns.
Wir veröffentlichen den Prototypen, starten das Crowd-Funding, und nennen uns ab heute: Open Source Entwickler! Wo bleibt unsere Willkommens-Umarmung?
Ähhh....also...