Sonntag, 30. Juni 2019

Boss (18)

Unsere Investorin will mal wieder dass wir uns für öffentliche Gelder bewerben.
Ist mir eigentlich nicht recht - solche Bewerbungen kosten viel Zeit und ob man unter den zahllosen Bewerbern dann ausgewählt wird ist mehr als fraglich - vor allem wenn man so eine kleine Möchtegern Firma ist.
Aber man kann auch schlecht seinen Investoren sagen: "Danke fürs Geld, jetzt lasst uns in Ruhe".
Also füllen wir erstmal die Form aus und werden immerhin für ein Gespräch eingeladen.
Es ist eine lokale Subvention der Stadt Osaka die hier örtliche Innovation fördern will und dabei auch mehr weltweite Aufmerksamkeit erhofft.
Mein Japanischer Team-Kollege hat das Formelle im Griff, also kann ich mich aufs "Einschmeicheln" konzentrieren.
Ich erzähle wie ich wärend meiner Zeit in Nara jedes Wochenende nach Osaka gefahren bin und mich in die Statdt verliebt habe.
Wie ich mich nach dem Abschluss gegen Tokyo und für Osaka entschieden habe, obwohl in Tokyo die Gehälter viel besser wären.
Wie unserer Technologie einem 3D-Designer mit Handgelenks-Schmerzen geholfen hat wieder Freude in seiner Arbeit zu finden, und wir ihn dann nach Osaka eingeladen haben.
Wir stellen unseren Plan vor, noch mehr Designer nach Osaka einzuladen und tolle Videos mit ihnen zu machen, die Weltweite Aufmerksamkeit erlangen werden (würden wenns nach uns ginge).
Und tatsächlich: wir kommen in die Auswahl-Runde!



Dieses Subventions-Dingen hat einen besonderen Twist: Erhalt des Geldes ist daran geknüpft eine bestimmte Anzahl "Fans" zu begeistern.
Und woran werden "Fans" gemessen? Facebook Follower. Willkommen im 21.Jahrhundert.
Und wie viele brauchen wir? Das Ziel müssen wir uns selbst stecken. Willkommen in Behörden-Denkweise - wir stecken unsere Ziele selber ohne Vorgaben.
Also sagen wir: wir wollen die 1000 Fan-Marke knacken. Dazu fehlen uns 200 Leute. Das ist ambitioniert genug um nicht frech zu sein und halbwegs realistisch. Wir haben ja einen Monat zeit. Ja, die neuen Fans müssen alle in dem einen Monat kommen. Nicht davor, nicht danach.
Unser Plan:
1) Wir hören auf Updates und Videos zu veröffentlichen, gehen auf Schleichfahrt
2) Wir geben unserer Software eine neue Versionsnummer (normalerweise gehöre ich zu den Leuten die alle neuen Features sofort zugänglich machen wollen, also ist die letzte 2.0 Version und die erste 3.0 version fast identisch).
3) Wir produzieren ein dickes Lauch Video.
4) Wir warten auf den Stichtag.
Stichtag. Ein schöner Montag Morgen um ein Video hochzuladen und auf Facebook ein paar Gruppen zu informieren dass wir jetzt "3.0" haben, und all unseren Freunden zu sagen sie sollen unsere Facebook-Page "liken".
Dann haben wir ein Meeting mit den Subventions-Leuten. Die haben ein bisschen sorgen dass wir die Ziele etwas hoch gesteckt haben.
Mein Handy hört das Summen nicht auf, also schalte ich Notifications irgendwann ab. Kann mich aber trotzdem nicht beherrschen immer wieder zu spicken. Bis zum Ende des Meetings haben wir 50 neue Follower. Die geplanten 200 haben wir am nächsten Morgen zusammen. Bis zum Ende des Monats schießen wir noch deutlich über unser Ziel hinaus.
Dazu lasse ich doch mal die Korken knallen. Wörtlich. Ich kaufe eine Flasche Sekt zum feiern und dem Team zu danken.
Das Team besteht aus Nerds die für Sekt nichts übrig haben - da wird nur genippt und dann heim gegangen um Videospiele zu Spielen. Ich verteile den Rest-Sekt unter anderen Leuten im Shared Office, vor allem mir selbst.