Sonntag, 31. März 2019

Boss (15)

Und während die Visums-Frage auf dem Amt bearbeitet wird, wird mit den neuen Finanzmitteln fleißig an der Firma weiter gearbeitet. Ein alter Bekannter aus Forschungs-Zeiten erzählt von einem seiner Studenten der gerne bei so einem Start-up wie wir eines sind anheuern will. Nach einem Treffen und Abendessen steht fest: ja, der passt zu uns. So sind wir also nun zu dritt.
Dazu meldet sich der Bär wieder. Der Bär veranstaltet jedes Jahr eine Haus-Messe. Ob wir das nicht ausstellen wollen. Wollen wir schon, ist aber sau-teuer. Ein paar tausend Öcken für einen Tisch. Naja, wenn sie die Pätze nicht voll kriegen könnten sie uns einen Platz für billig-bis-umsonst geben. Wirklich? Wirklich!
Uns passiert das auch? Es passiert. Wir gehen nach Tokyo und zeigen unsere Software auf deren Messe. Die Gäste sind alle sehr interessiert, wenn auch etwas zurückhaltend. Naja, braucht halt etwas.
Überhaupt braucht das mit dem Verkauf länger als gehofft. Langsam macht mir das sorgen.
Doch viel Zeit für sorgen habe ich gerade nicht. Der Bär wieder: die Entwickler der Software auf der unsere Technologie aufbaut sind gerade in Japan. Wollen wir die nicht kennenlernen? Wollen wir schon, aber um die Zeit haben wir halt schon andere Verabredungen. Aber entgehen können wir uns die Gelegenheit auch nicht. Also renne ich von unserer Verabredung direkt zum Busbahnhof und nehme den Nacht-Bus, wieder nach Tokyo, führe unsere Technologie den Basis-Software-Managern vor. Die sind nicht schlecht erstaunt. Noch mehr erstaunt sind sie als sie hören dass mich der Trip nach Tokyo nur 40 EUR gekostet hat. Hin-und-Rück. Noch mehr erstaunt sind sie als sie unsere Kundenzahlen hören. Diesmal ist es das falsche "erstaunt". Mist. Ich lungere noch den ganzen Tag in der Lobby herum, arbeite im Starbucks, in der Hoffnung dass ich sie nochmal abfangen kann. Aber die kommen nicht mehr. Also im Nacht-Bus zurück nach Osaka.
Mittlerweile ist auch das Visum fertig - ich kriege den vollen Sündenerlass! Statt verhaftet und abgeschoben werde ich offizieller "Business Manager". Niemand fragt mehr ob es okay war als Austausch-Student eine Firma zu gründen.
Es scheint fast als ob alles endlich richtig zu laufen beginnt. Alles, bis auf den Verkauf. Dummerweise ist dass am Ende des Tages das einzige was für eine Firma entscheidend ist...


Meinen Weihnachts-Urlaub kann ich dieses Jahr nicht wirklich genießen. Ich verstecke mich im Gym. Schmerzen in den Muskeln vertreiben die schleichende Panik die sich wie einen Schatten um mein Genick legt. Ich habe gerade Zweihunderttausend von gutherzigen Investoren angenommen, denen ich versichert habe dass ich dieses Unternehmen in einen Erfolg verwandeln kann. Jetzt ist jeder Tag ohne gute Nachrichten (ich kriege nach wie vor jeden Verkauf per Email benachrichtigt) ein schlechter Tag. Noch schlechter die Tage mit schlechten Nachrichten, und davon gibt es mehr. Der Winter wird ein einziger Marathon der Produkt-Verbesserung. Ich weiss schon gar nicht mehr was ich früher an Wochenenden gemacht habe. Samstag ist der Montag an dem ich Zuhause arbeiten darf. Sonntag ist Freitag an dem ich die schnauze voll vom Zuhause-Arbeiten habe und mich wieder aufs Office freue.



Wir brauchen einen neuen Plan. Nach einer Beratung mit einem unserer Investoren beschließen wir: wir machen einfach ein Partnership mit einer Kunden-Firma! Die Firma darf unsere Software umsonst verwenden, und wir werden Tag und Nacht ackern um alle deren Wünsche zu erfüllen. Danach werden wir dann etwas haben dass fuer diese Firma passt, und das können wir dann einfach zum nächsten Kunden tragen! Prima Idee! ...finden wir. Keine andere Firma findet das eine gute Idee. So finden wir keine Firma die unser "Partner" sein will, egal wie einseitig wir die Konditionen machen.
Na gut, dann machen wir halt dieses Partnerschafts-Dingen mit einem freischaffenden Designer! Er darf kostenlos unsere Software verwenden und sich alles von und Wünschen was er an Verbesserungen will.
Wir finden keinen der will.
Am Ende bezahlen wir einen Designer damit er unsere Software verwendet und uns sagt wo's noch hakt.
Mit der Kraft der Verzweiflung schlucke ich den letzten Rest Stolz den noch hatte.
Ein paar seiner Vorschläge sind tatsächlich gute Vorschläge, aber über weite Strecken arbeitet er einfach so ineffizient, dass unsere Software da auch nicht helfen kann. Am Ende stehen wir nicht viel besser da als davor. Verbessertes Produkt dass sich immer noch nicht verkaufen laesst. Aber wir haben ja noch Geld, und Geld ist Zeit. Zeit in der wir nochmal etwas neues probieren können. Nur... was?