Samstag, 22. Februar 2014

Pan-Asiatisch

Reis.
So weit das Auge reicht: nichts als Reis.
Reisfelder überziehen die Landschaften.
Reissäcke, 10kg, im Supermarkt.
Reis unterm Essen, oder dazwischen.
Süßigkeiten aus Reismehl.

Wie so ziemlich jedes Ost-Asiatische Land hat Japan das Reiskorn zum Magenfüller #1 ernannt.
Im Mittelalter wurde sogar das Einkommen oder der Wert von Landstrichen in Reis berechnet.
und auch das Japanische Frühstück besteht aus: ....
Brot.

Okay, das stimmt so nicht: traditionell wird auch zum Frühstück Reis gegessen, gerne mit einem Stückchen Fisch und eingelegtem Gemüse.
Sie können sich schon vorstellen wie populär das heutzutage noch ist: morgens erstmal Reis kochen (viele Reis-Kocher haben dafür extra eine Wecker-Funktion eingebaut) und das dann mit Eingelegtem zu essen.

Daher wird auch hier das Brot zunehmend beliebt (schon seit geraumer Zeit sogar).
Aber wenn ich "Brot" sage, haha, glauben Sie bloß nicht, dass ich da "Brot" meine!
Nein nein! Wir reden hier von:
Pan!

Ja, genau! Pan!
Die franzosen wollten "le pain" einführen, doch es wurde "Pan".

Das hat in seiner Basis-Variante weniger Ähnlichkeit mit dem Baguette als mehr mit dem Amerikanischen Wonder-Bread: weich wie ein Schwamm und süß wie Kuchen.
 Und auch sonst wären die Japaner nicht die Japaner wenn sie die Welt nicht mit ihrer ganz eigenen Misinterpretation fremder Kulturen beglücken würden.

Ein Abstecher durchs Land der aufgehenden Semmel...




AnPan:
Wenn Japaner etwas Süßes wollen, essen sie gerne diese roten Bohnen: "An".
Die sind eher batzig (weil sie ja mit Zucker eingematscht werden). Doch man kann sie in eine Semmel füllen und hat dann soetwas wie einen Krapfen:
das AnPan.
Das ist so populär bei Kindern, dass es sogar einen Zeichentrick-Helden dazu gibt: den AnPanMan.
Nein, ich denke mir das nicht aus. Fragen sie ihren nächstbesten Japaner: das ist die mit Abstand beliebteste Zeichentrick-Figur, und jedes Kind kennt den knuffigen Kerl mit dem AnPan-Gesicht, das man natürlich essen kann. (Einen essbaren Superhelden - sagen sie dass mal dem Mann aus Stahl!)
Hey: eine Zeichentrickfigur, basierdend auf Essen, die man essen kann? Das kann man doch bestimmt gut vermarkten. Richtig: wir sprechen hier von Brot, mit AnPanMan-Gesicht darauf: dem AnPanManPan! [sic!]
Und weil Kindern Schokolade ja eigentlich viel besser schmeckt als Bohnen, ist das AnPanManPan oft mit Schokolade statt mit An gefüllt.
Also nochmal:
AnPanManPan ist mit Schokolade gefülltes Brot, basierden auf einer  Zeichentrickfigur, die auf Brot basiert, dass seinen Namen von der An-Bohnen Füllung hat.
Bleibt zu erwähnen, dass das rechtlich nicht immer ganz sauber ist, weil ja irgendwer die Rechte an der Figur hat, aber nicht am AnPan...




Melon-Pan:
Nummer2 in der Liste beliebter Süßigkeiten ist das Melonen-Brot.
Das hat genau gar nichts mit Melonen zu tun. Das ist einfach stark gezuckertes Brot - so stark gezuckert, dass es an der Oberfläche eine Pseudo-Kruste ergibt.
(Wie heißt "pökeln" mit Zucker?)
Warum heißt es dann Melonen-Brot? Wegen der Form!
Was hat eine Melone denn für eine besondere Form?
Naja, rund halt. AnPan ist auch Rund, aber es ist mehr kugelförmig-dick, und Melon-Pan eher flach.
Also sieht es eigentlich weniger wie eine Melone aus als das AnPan.
Aber die Farbe kommt etwas besser hin.
Natürlich gibt's das auch wieder in Schokolade, falls ihnen "keine Melone" nicht schmeckt.
Letztens habe ich gelesen, dass es jetzt sogar Melon-Pan mit Melonen-Geschmack geben soll.
Verrückt, oder?



YakiSoba-Pan:
Haben sie mal von Pizza Spaghetti gehört? Da haben sich so Leute mal überlegt: wenn man sich nicht zwischen Pizza und Pasta entscheiden kann, packt man die Pasta einfach oben auf den Pizzaboden und hat alle glücklich gemacht. (Außer die Italiener, die erst einen Herzanfall bekommen, um dann im Grabe rotieren zu können).
Hier gibt es das ähnliche Konzept: die beliebten YakiSoba-Nudeln werden in ein aufgeschnittenes Brötchen gelegt. Fragen sie mich nicht warum. Eigentlich passt das überhaupt nicht zusammen: die würzigen YakiSoba-Nudeln mit Fleisch-Stückchen im süß-weichen Schaumstoff-Brot.
Vielleicht einfach weil man YakiSoba so schlecht mit den Händen essen kann.
Jedenfalls ist es so beliebt, dass man es an jeder Ecke kaufen kann.
Das ist jetzt keine Übertreibung: wer mal hier war, kennt die Dichte an kleinen Conbini-Shops. Und jeder Conbini bietet YakiSoba-Pan an.
Also irgendwer scheint's gerne zu essen...


Sonntag, 16. Februar 2014

Kein Problem

Ich schreibe hier ja immer über die großen und kleinen Probleme die ich so habe: mit der Sprache, mit den Leuten, mit dem Alltag.
Der Grund dafür ist ganz einfach: man kann leichter lustiges Zeug schreiben, wenn Dinge nicht glatt gehen. Dinge die gut laufen sind ein bisschen langweilig.
Um dem Eindruck: "es ist alles ganz furchtbar hier" entgegenzuwirken, jetzt mal eine Sammlung an Dingen mit denen es hier mal überhaupt keine Probleme gibt.



Diebstahl:
Seit einiger Zeit ist es hier Mode für Jungs, diese langen Geldbeutel zu verwenden, wie Kellner sie manchmal haben. Die sind etwa 25cm lang. Man(n) steckt sie dann in die Gesäßtasche. Die Gesäßtasche ist etwa 12cm tief. Sie sehen das Problem?
Eine solche Mode würde sich in den meisten Ländern der Welt selbst verbieten, einfach weil sie gar nicht so schnell neue Geldbeutel kaufen können wie die ihnen geklaut werden. (Also: zeitmäßig würde das schon klappen, aber ihnen fehlt ja jetzt das Geld um einen neuen Geldbeutel zu kaufen.
Aber nicht in Japan. Auch wenn immer wieder vor Taschendiebstahl gewarnt wird, wird so gut wie nichts geklaut. (außer Regenschirmen bei Regen).
Deswegen haben Japaner auch kein Problem damit alle Dinge mit Bargeld zu erledigen, sei es Miete, Autokauf oder sonst-noch-was. Neben jedem Geldautomaten gibt es einen Spender für diskrete Briefkuverts. Da nehmen sie sich einen und stecken nen Haufen Geld rein und zahlen so ihre Rechnungen. Wenn Ihnen komisch wird bei dem Gedanken ein paar tausend Euro in einem Briefkuvert in der Manteltasche mit sich herumzutragen sind Sie kein echter Japaner. Noch nicht.
Mann gewöhnt sich so schnell daran, dass es schon nicht mehr gut ist. An Halloween hat mein Kostüm keine Taschen. Also mache ich ein Bündelchen aus Geldbeutel, Schlüssel, Handy, lege das in eine Ecke der Bar und gehe mich amüsieren. Als ich wiederkomme ist das Bündel weg. Ich suche für etwa 20 Minuten. Es kommt mir die ganzen 20Minuten nicht in den Sinn, dass irgendjemand das Zeug geklaut haben könnte, also suche ich weiter. Ein Kellner sieht mich suchen, und nach ein paar unangenehm formulierten Fragen gibt er mir das Zeug wieder: er hatte es Sicherheitshalber eingesteckt und hält mir eine Standpauke, dass ich das nicht machen soll weil: (festhalten) "sind ja auch Ausländer hier"!
Er war übrigens selbst Ausländer, was die ganze Situation noch absurder gemacht hat.

Es beleibt anzumerken, dass es natürlich schon Diebstähle gibt, aber die Gefahr ist um ein vielfaches Geringer als... so ziemlich überall woanders.



Zugfahren:
Jaja, das Züge hier pünklich sind, auf den Meter genau an Bahnsteig-Markierungen halten und adrettes Personal am Bahnsteig aufpasst, dass keiner im Gleisbett rumklettert, das kennen wir alles schon. Aber eine ganz andere Sache wird oft vergessen: sie können überhaupt nicht versehentlich schwarz fahren oder das falsche Ticket kaufen.
Wenn Sie den Bahnhof betreten finden sie gleich eine große Karte mit dem Zugnetz. Und bei jeder Station steht gleich dabei wie viel es von hier nach dort kostet. Darunter sind auch gleich die Fahrkarten-Automaten, sie können also während dem Kauf nochmal nach gucken.
Das können sie auch gar nicht vergessen, weil sie ohne ein Ticket gar nicht durch das Ticket-Gate bis zum Bahnsteig kommen. Sie können auch nicht das falsche Ticket gekauft haben, weil sie mit dem falschen Ticket am Zielbahnhof nicht mehr durch das Ticket-Gate hinaus kommen. Für solche fälle finden sich im Bahnhof "Fare-Adjustment" Automaten, an denen sie nach-zahlen können.
Das ist übrigens ein beliebter Trick wenn sie noch nicht genau wissen wo sie eigentlich hin wollen: einfach das billigste Ticket kaufen und losfahren, am Ziel dann den Rest zahlen.
Aber meist brauchen Sie das eh nicht: jeder der länger als ein paar Wochen hier ist holt sich einfach eine IC(RFID)-Karte. Die drücken Sie einfach aufs Lesegerät am Ticket-Gate und der Betrag wird automatisch abgebucht.

Okay, das war die Bahn, aber Busse sind ja nicht so toll, oder? Tatsächlich kann es bei einigen der konkurrierenden Bus-Systemen dazu kommen, dass sie zu viel zahlen. Wenn sie gleich den Fahrer aufmerksam machen, schreibt der ihnen ein Rezept - direkt das Geld zurück geben kann er nicht.
Toll, denkt man sich, das rentiert sich ja eh nicht dafür extra zur Bus-Firma zu gehen.
Muss man auch nicht: das Rezept wird von den Bussen wiederum als Zahlungsmittel akzeptiert. Sie können es also nächstes mal von ihrem Fahrpreis abziehen.



Warten gelassen werden:
Japaner sagen ja immer: "Verzeihung dass ich Sie habe warten lassen." Auch wenn sie einen gar nicht warten lassen haben - das ist so eine Standard-Floskel wie "Beehren Sie uns bald wieder".
Denn im Vergleich zu anderen Ländern wird man eigentlich recht wenig warten gelassen.
Auf dem Amt zum Beispiel: zwar ist der Bürokratische Apparat ähnlich aufwändig wie in Deutschland, aber dafür kann man die meisten Dinge gleich in einem einzigen Besuch mit nur kurzer Wartepause erledigen.
Und nachdem es die Japaner mit dem Wochenende nicht so genau nehmen (Geschäfte haben auch Samstag und Sonntag bis spät Abends offen), müssen sie meist auch nicht bis Montag warten:
wenn sie Freitag Abend oder Samstag früh etwas brauchen sorgen Firma und Post sorgen dafür, dass sie es auch am Sonntag noch kriegen.