Donnerstag, 30. August 2012

Bye, bye Pustefeld

Zeit für ein Geständnis:
Zwar behaupte ich immer dreist in Osaka zu wohnen und an der Osaka-Uni zu studieren, doch das ist zu 47% gelogen.
Tatsächlich wohne ich im Vorort Suita, und habe an der Osaka-Uni nur einen Vollzeit-Sprachkurs besucht.

Ich habe ja probiert die Wahrheit zu sagen, aber die Wahrheit verwirrt und enttäuscht die Leute:

"Und was machst du so?"
"Ich studiere bald am Nara Dingens Institut."
"An der Nara-Uni?"
"Nein am Nara Institut für Dingens und angewandtes Zeug"
"Nie gehört. Du wohnst also in Nara?"
"Nein ich wohne in Suita."
"Wo...?"

Zurückspulen...

"Und was machst du so?"
"Ich studiere an der Osaka-Uni"
"Whoa, krass! Du musst ja voll Elite sein! Und du wohnst hier?"
"Ja, 10 Minuten von der Uni"
"Boah! Voll praktisch!"

Warum war es Zeit für das Geständnis?
Weil der Sprachkurs vorbei ist und ich wegziehe. Damit wäre es jetzt 100% gelogen, was dann auch für mein eher entspanntes Verhältnis zur Wahrheit (geradezu kollegial) etwas zu dreist wäre.
Also ist meine Standart-Version ab jetzt für den nächsten Montat (Sommerferien):
"Ich wohne in Osaka und bin Arbeitslos, bekomme aber reichlich Geld vom Staat."
Auf die Reaktionen bin ich schon gespannt.

Derweil beende ich dann mal dieses Kapitel meines Japan-Aufenthaltes mit etwas, dass ich schon die ganzen 5 Monate zeigen wollte:
Impressionen aus meinem (jetzt nicht mehr) Alltag.

Machs gut, Pustefeld!
("Sui"=吹=pusten, "Ta"=田=Feld)





 
Mein Zimmer im Studentenwohnheim.
Mit ausgestreckten Armen konnte ich beide Wände gleichzeitig berühren.


 
Mein Zimmer von Außen, aus meinem privaten Garten.


 
Kaputte Fahrräder am Wegesrand sind hier häufiger, ein Mova eher die Ausnahme.
Das Neben-Tor zum Campus.
Im Gegensatz zu den beengten Wohnverhältnissen sind Unis und Industiegebiete stets sehr großzügig im Platzverbrauch.
Die Turnhalle am Campus. Darin: die vielleicht dreckigsten Örtlichkeiten in ganz Japan.
Jedes Bahnhofsklo ist ein Spa dagegen.
(Allerdings sind in Japan die Bahnhofsklos auch Weltklasse)

Ich glaube das ist ein Kraftwerk.
Oder irgendetwas das verdammt viel Strom braucht...
Die Osaka-Monorail, unter der ich auf dem Weg zur Uni durchgefahren bin.
Eine Verkehrsbrücke, von der man auch in der Mitte nochmal runter kann.
Vor und hinter unserem Wohnheim wird gerade gebaut.
Den Baulärm hat man im Sommer aber kaum gehört, weil die Grillen so laut schreien.
Trotzdem haben wir Anzeigen wegen Ruhestörung bekommen.
Der Hintereingang zum Wohnheim.
Was nicht heißt dass man sich hier Ungesehen rein und raus schleichen könnte.

Donnerstag, 2. August 2012

Gegen den Strom

Letztens wurde hier in der Gegend das erste Atomkraftwerk wieder angeschaltet, trotz Demonstrationen, um der Energieknappheit noch zu entkommen.
Denn es droht der Stromausfall. Natürlich nicht einfach ein "upps, weg" Ausfall: die Japaner haben das natürlich genau durchgeplant, wo wann wie lange der Strom abgedreht wird, falls es nicht mehr für alle reicht.
"Für alle reicht" ist ein bisschen missverständlich.
Das klingt so nach "wir sind alle schon am Minimum, aber vielleicht ist unsere Arche einfach zu klein..."
Tatsächlich wird aber gar nicht gespart. Einfach nur Abgeschaltet.
So etwas wie ein "Bewusstsein für Stromsparen" existiert einfach nicht - also das Bewusstsein, dass man die abstrakte Welt der Nachrichten und politischen Diskussionen auf das hier und jetzt anwenden könnte.

Bei jedem unserer Lehrer kam früher oder später mal das Thema auf. Und alle Lehrer erklärten uns: ja, das ist ein Problem, da muss wirklich was passieren.
Im Klassenzimmer brannte das Licht und die Klimaanlage versuchte ihr bestes den verschwitzen Studenten eine Sommergrippe schmackhaft zu machen.
Keiner kam auf die Idee da einen Zusammenhang herzustellen...


Überhaupt sind die Japaner erstaunlich empfindlich gegenüber ihrem eigenem Sommerklima. Die tapfere "EaKon" (Air-Conditioning) muss die Räume kühl genug halten, um mit langen Hosen und Krawatte nicht ins Schwitzen zu kommen.
Das ist doppelter Aufwand, weil die Häuser praktisch nicht isoliert sind. Die meisten Außenwände und Fensterfronten bestehen aus Glas-Schiebe-Panelen. Das erinnert ein bisschen an Shojis und gibt dem ganzen einen japanischen Flair. Dichtgummis oder Doppelglas sind aber nicht drin, also ist das ganze eher zugig. Dafür hat dann einfach jedes Zimmer das größer ist als ein Schuhkarton zwei oder mehr Klimaanlagen. Die laufen auch gerne dann, wenn gerade mal keiner im Zimmer ist oder eh Türen und Fenster offen stehen.
23° ist die Temperatur der Träume. Im Sommer. Im Winter werden die Dinger gern auf 28° gestellt, weil: hör mal, 23° ist echt kalt!

Manchmal braucht man scheinbar eine Pause von der Frische: Gott sei Dank gibt es keine Klimaanlage auf den (Gemeinschaft-)Klos. Da kann man also noch so richtig schwitzen beim aber lassen wir das!
Die Klos haben elektrisch beheizbare Klobrillen (um zumindest ein bisschen dem Klischee zu entsprechen).
Und jedes mal wenn ich für kleine Ausländer gehe, sind die an!
Mir will ums verrecken nicht in den Kopf warum jemand bei 35° seinen Arsch beheizt bekommen muss. Und selbst wenn jemand Ein-Mann Sauna (mit Aufguss?) spielen muss, warum schaltet er das Ding danach nicht wieder aus?


Vormittags sitze ich allein Studierzimmer, weil es (im Gegensatz zu meinem Zimmer) auf der Ostseite liegt, daher mit geschätzten 28° angenehm erträglich. Hell genug zum lesen ist es auch.
Ich habe das Nirvana der Klimaneutralität beinahe erreicht, als ein japanischer Kommilitone den Kopf durch die Tür steckt, lächelnd "Guten Morgen" ruft, alle Lichter und beide Klimaanlagen anschaltet.
Sein Kopf verschwindet wieder hinter der zufallenden Tür.
Vielleicht holt er schnell seine Unterlagen und wollte den Raum schonmal "vor-kühlen" (und "vor-belichten"?)
Zehn Minuten vergehen.
Er kommt nicht wieder.
Mir ist kalt.
Ich schalte die Lichter und Klimaanlagen wieder ab.

Vielleicht sollten sie uns wirklich einfach mal den Saft abdrehen...